Es gibt Orte, da bleibt einem der Atem weg. Nicht, weil sie laut oder spektakulär sind, sondern weil sie still sind. Zart. Echt. Das kleine Dorf Gerberoy ist so ein Ort – oder war es. Heute ist er ein Mahnmal dafür, wie wir Schönheit zu Tode lieben können.
Denn was nützt die schönste Blume, wenn 100.000 Schuhe sie zertrampeln?
Manchmal denke ich, der Mensch hat vergessen, wie man zu Gast ist. Er kommt, schaut, knipst – und lässt zurück, was er nicht mitnehmen will: Müll, Lärm, Rücksichtslosigkeit. In Gerberoy klauen sie Blumen aus Vorgärten. Blumen! Wie dumm muss man sein, um einem Dorf die Seele zu rauben?
Es reicht eben nicht, „süßes Dörfchen“ zu sagen und weiterzuziehen. Wer Schönheit schätzt, muss sie auch schützen.
Ich höre schon die Gegenstimmen: „Aber Tourismus ist doch wichtig!“ Ja – und? Ist das die Entschuldigung für rücksichtsloses Verhalten? Für parkende Autos auf Privatwegen? Für volle Mülleimer um elf Uhr morgens?
Es geht hier nicht um Touristen. Es geht um Respekt. Um das fragile Gleichgewicht zwischen dem Wunsch zu entdecken – und dem Recht zu bleiben, wie man ist.
Gerberoy ist kein Themenpark. Kein lebendes Postkartenmotiv. Es ist ein Zuhause. Für 104 Menschen, die ihre Ruhe, ihre Würde, ihre Lebensqualität verteidigen müssen – gegen ein Heer aus Flipflops, Smartphones und Eiskaffee-Bechern.
Wo bleibt unser Maß? Unsere Demut? Muss wirklich jeder schöne Ort in Instagram-taugliche Bruchstücke zerlegt werden?
Ich bin für Tourismus. Aber nicht für Raubzüge im Namen der Freizeitgestaltung.
Denn die wahre Schönheit – sie zeigt sich dort, wo man still wird. Und nicht dort, wo man drängelt, filmt und Blumen klaut.
Weniger Selfies. Mehr Seele. Das wäre mal was.
Autor: M.A.B.
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