Tag & Nacht


Es gibt diese Momente, in denen man nur noch fassungslos den Kopf schütteln kann. Nicht über ein verlorenes Fußballspiel. Sondern über das, was danach geschieht. Über Menschen, die sich Fans nennen – und in Wahrheit nichts weiter sind als Gewalttäter im Vereinsdress.

Zwei Profis des OGC Nice, Terem Moffi und Jérémie Boga, wurden nach einer Niederlage in Lorient körperlich angegriffen. Nicht von Unbekannten in einer dunklen Gasse. Nein – von den eigenen Anhängern. Vor dem Trainingszentrum, in einer Nacht, in der jede Grenze zwischen Leidenschaft und Wahnsinn endgültig eingerissen wurde. Moffi sieben Tage Arbeitsunfähigkeit, Boga fünf. Und als wäre das nicht schon absurd genug, musste auch Sportdirektor Florian Maurice unter Polizeischutz fliehen – „exfiltriert“, wie es im Polizeijargon heißt. Was für ein Wort. Was für ein Zustand.

Wo leben wir eigentlich?

Seit wann rechtfertigt eine sportliche Durststrecke rohe Gewalt? Seit wann ist das Eingeständnis von Frust eine Freikarte für Angriffe? In welcher Welt glauben Menschen, dass ihnen die Niederlage ihres Vereins ein moralisches Recht auf Faustrecht gibt?

Das alles hat mit Fußball nichts mehr zu tun. Nicht mit Fankultur, nicht mit Emotion, nicht mit Enttäuschung – es ist schlicht niederträchtig. Und gefährlich.

Die Täter verstecken sich gerne hinter der Ausrede, der Fußball sei ein Spiegel der Gesellschaft. Das mag stimmen. Nur zeigt dieser Spiegel in diesem Fall ein Gesicht, das man kaum erträgt. Ein Gesicht voller Hass, toxischer Männlichkeit und fehlender Zivilisation. Der Fußball hat ein Gewaltproblem – aber nicht wegen des Spiels, sondern wegen derer, die ihre Alltagswut dort ausleben, wo andere eigentlich Freude suchen.

Noch schlimmer: Es ist nicht das erste Mal. Die Fan-Gruppe „Tribüne Populaire Sud“ in Nizza hat schon öfter über die Stränge geschlagen – mit Flaschenwürfen, Platzstürmungen, rassistischen Bannern. Wer nun immer noch von „Einzelfällen“ spricht, macht sich lächerlich.

Natürlich: Niederlagen sind bitter. Serien von Niederlagen sogar unerträglich für manche. Doch es gibt einen Unterschied zwischen enttäuscht sein – und durchdrehen. Zwischen kritisieren – und zuschlagen. Zwischen Fan sein – und zum Täter werden.

Und es braucht jetzt mehr als eine empörte Pressemitteilung. Mehr als das übliche „Wir verurteilen aufs Schärfste“. Es braucht Konsequenzen. Hausverbote, Stadionverbote, juristische Aufarbeitung. Und vor allem: eine klare gesellschaftliche Ächtung solcher Taten.

Denn wir sprechen hier nicht über Pyrotechnik oder lautes Gebrüll. Wir sprechen über körperliche Gewalt. Über Einschüchterung, über die Zerstörung von Vertrauen – und damit auch über die Zerstörung von allem, was diesen Sport ausmacht. Fußball lebt von Emotion. Aber wer daraus Aggression macht, hat seinen Platz verloren – im Stadion und in der Gesellschaft.

Wer Spieler verprügelt, weil sie nicht gut genug gespielt haben, gehört nicht auf die Tribüne, sondern vor Gericht.

Punkt.

Autor: Andreas M. B.

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