Lawinen sind unberechenbar – ein Moment der Unachtsamkeit, eine ungünstige Schneeschicht oder einfach nur Pech, und die Natur zeigt ihre unbarmherzige Seite. In den letzten drei Tagen sind in den französischen Alpen sechs Menschen bei Lawinen ums Leben gekommen. Der tragischste Vorfall ereignete sich am Mittwoch, den 29. Januar, in Val-Cenis (Savoie), wo vier norwegische Skifahrer von einer gewaltigen Schneemasse verschüttet wurden.
Erfahrene Skifahrer in tödlicher Gefahr
Die siebenköpfige norwegische Skigruppe war außerhalb der gesicherten Pisten unterwegs, als sich gegen 16:30 Uhr eine große Lawine löste. Drei von ihnen überlebten unverletzt, für vier kam jedoch jede Hilfe zu spät. Laut Jacques Arnoux, dem Bürgermeister von Val-Cenis, handelte es sich um erfahrene und gut ausgerüstete Skifahrer. Doch selbst das beste Equipment kann in einer solchen Situation nicht immer retten.
Warum also begeben sich Menschen trotz bekannter Gefahren in riskante Gebiete? Der Reiz des unberührten Pulverschnees, das Abenteuergefühl, der Adrenalinkick – all das zieht Freerider magisch an. Doch die Naturgesetze lassen sich nicht überlisten.
Hohe Lawinengefahr nach schlechtem Wetter
Bereits am Tag zuvor war eine Lawine in der Nähe von Contamines (Haute-Savoie) abgegangen, glücklicherweise ohne Opfer zu fordern. Die Wetterlage der letzten Tage hat jedoch ein tückisches Szenario geschaffen: Schneefall, Wind und Temperaturschwankungen haben die Schneedecke instabil gemacht.
Experten warnen, dass die Lawinengefahr auch in den kommenden Tagen hoch bleibt. Viele Wintersportler unterschätzen das Risiko – doch eine Lawine gibt keine zweite Chance.
Eine beunruhigende Bilanz
Seit Beginn des Winters haben bereits zehn Menschen in den nördlichen Alpen ihr Leben durch Lawinen verloren. Und die Wintersaison ist noch lange nicht vorbei. Während sich viele Urlauber auf die bevorstehenden Februarferien freuen, mahnen Experten zur äußersten Vorsicht.
Das Problem: Sicherheitshinweise werden oft ignoriert. Die Lawinenwarnstufen reichen von 1 (gering) bis 5 (sehr hoch). Im aktuellen Fall lag das Risiko bei Stufe 3 – eine trügerische Mitte. Viele denken, dass „mittleres Risiko“ bedeutet, dass man sich kaum Sorgen machen muss. Doch Stufe 3 bedeutet: Lawinenabgänge sind möglich, wenn man sich im freien Gelände bewegt. Und genau das wurde hier zur tödlichen Falle.
Naturgewalten lassen sich nicht berechnen
Lawinen sind komplexe Phänomene, beeinflusst von Wind, Temperatur, Schneefall und der Beschaffenheit der Schneeschichten. Manche Schichten sind stabil, andere brechen schon bei geringer Belastung. Besonders gefährlich ist die sogenannte Schwimmschneeschicht – eine lockere, schwach verbundene Schneelage, die wie Kugellager wirkt. Wird sie durch eine zusätzliche Last belastet, kann sich die ganze Schneedecke lösen und ins Tal stürzen.
Manchmal reicht schon das Gewicht eines einzelnen Skifahrers.
Die Verantwortung jedes Einzelnen
Freeride-Skifahren ist faszinierend – aber es erfordert Wissen, Respekt vor der Natur und die Bereitschaft, Risiken realistisch einzuschätzen. Moderne LVS-Geräte (Lawinenverschüttetensuchgeräte), Sonden und Airbag-Rucksäcke erhöhen die Überlebenschancen, aber sie sind keine Garantie.
Das Wichtigste bleibt: Prävention. Sich informieren, Lawinenberichte lesen, Touren mit Bedacht planen und im Zweifel umkehren.
Denn eines ist sicher: Die Berge verzeihen keine Fehler.
Von Andreas M. B.
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