Wer nach Lille reist, zahlt nicht nur für Hotel, Airbnb oder Campingplatz. Im Preis steckt auch ein kleiner Beitrag, der unscheinbar wirkt, aber große Wirkung entfaltet: die taxe de séjour, die französische Touristensteuer (in Deutschland auch als Kurtaxe bekannt). In der nordfranzösischen Metropole ist sie längst mehr als nur eine Nebeneinnahme – sie ist ein echter Finanzmotor.
Ein Einnahmerekord für die Metropole
2024 hat die Métropole Européenne de Lille (MEL) satte 7,5 Millionen Euro durch die Touristensteuer eingenommen. Ein Plus von 1,1 Millionen im Vergleich zum Vorjahr. Klingt trocken, ist aber ein klares Zeichen: Der Tourismus boomt, und die Stadt versteht es, ihr System effizient zu managen.
Das Geld fließt nicht ins Leere. Es landet dort, wo Besucherinnen und Besucher es direkt spüren – in Kultur, Events und touristische Infrastruktur.
Preise, die den Unterschied machen
Nicht jede Unterkunft zahlt gleich viel. Die Steuer ist fein abgestuft:
- Drei- bis Fünf-Sterne-Hotels: 1,76 € pro Person und Nacht
- Chambres d’hôtes: 0,88 €
- Kurzzeitvermietungen à la Airbnb: 5,5 % vom Übernachtungspreis, gedeckelt bei 5,06 €
- Drei-Sterne-Campingplätze: 0,66 €
So tragen alle Arten von Gastgebern ihren Teil bei. Ob Luxushotel oder Zeltplatz – niemand wird überproportional belastet, und die Finanzierung bleibt fair verteilt.
Airbnb als Schwergewicht
Die Bedeutung von Plattformen wie Airbnb ist in Lille kaum zu übersehen. Schon 2023 überwies das Unternehmen allein in den Hauts-de-France 4,8 Millionen Euro an Touristensteuer. Ein ordentlicher Brocken davon landete in der Kasse von Lille.
Damit wird klar: Die Sharing-Economy ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern ein zentraler Player im Tourismus-Geschäft. Gleichzeitig wächst der Druck, Regeln zu schaffen, die den Markt in Balance halten. Denn wo kurzfristige Vermietungen zunehmen, geraten klassische Hotels ins Schwitzen – und Nachbarschaften auch.
Was mit dem Geld passiert
Und wohin fließt all das? 2024 lag der Etat der MEL für Kultur und Tourismus bei 40,6 Millionen Euro. Die taxe de séjour war dabei ein festes Standbein.
Finanziert werden damit Tourismusbüros, Festivals, Stadtfeste und der Ausbau der Besucherinfrastruktur. Kurzum: all das, was eine Stadt für Reisende lebendig und attraktiv macht. Wer in Lille also ein Bier auf dem Place du Général-de-Gaulle genießt oder durch ein Kulturfestival schlendert, profitiert indirekt von dieser Abgabe.
Zwischen Boom und Balance
Die Kehrseite? Mehr Tourismus bedeutet auch mehr Belastung für Einheimische. Höhere Mieten, belebte Altstädte, steigender Druck auf den Wohnungsmarkt. Gerade die Kurzzeitvermietungen sind ein Dauerstreitthema.
Die Steuer selbst wirkt hier wie ein kleines Korrektiv – sie zwingt auch Plattformanbieter, etwas zurückzugeben. Doch reicht das? Oder müsste man noch stärker eingreifen, um die Balance zwischen Lebensqualität für Bewohner und Wachstum im Tourismus zu sichern?
Ein kleines Geld, das Großes bewegt
Die Touristensteuer ist in Lille kein nebensächlicher Posten mehr, sondern eine Art stille Mitfinanziererin des urbanen Lebensgefühls. Besucher zahlen ein paar Euro extra – und ermöglichen damit Festivals, Museen und Begegnungsorte, die wiederum Touristen anlocken. Ein Kreislauf, der funktioniert, solange er fair und transparent bleibt.
Denn nur wenn Gäste das Gefühl haben, dass ihr Beitrag sinnvoll eingesetzt wird, und Einheimische merken, dass die Einnahmen auch ihrer Stadt guttun, bleibt diese Art von Finanzierung ein Erfolgsmodell.
Von C. Hatty
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