Ab dem 1. Januar tritt in Lyon eine striktere Regelung zur Luftreinhaltung in Kraft. Fahrzeuge mit einer Crit’Air-3-Plakette dürfen dann nicht mehr in die Zone à Faibles Émissions (ZFE) fahren. Betroffen sind vor allem ältere Diesel und Benziner – insgesamt rund 60.000 Fahrzeuge, darunter auch Motorräder. Während viele Bürger die Maßnahme als Schritt in die richtige Richtung sehen, fragen sich andere: „Wie soll ich das bezahlen?“
Was steckt hinter der Crit’Air-Regelung?
Die Crit’Air-Plakette ist Frankreichs Antwort auf Umweltzonen. Sie klassifiziert Fahrzeuge je nach Schadstoffausstoß in sechs Kategorien – von der sauberen Crit’Air 0 (Elektroautos) bis zur besonders umweltschädlichen Crit’Air 5. Seit Jahren verschärfen Städte wie Paris oder Lyon schrittweise die Regeln, um die Luftqualität zu verbessern.
Jetzt erwischt es in Lyon die Kategorie 3: Benziner und Hybride, die älter als 20 Jahre sind, sowie Diesel, die seit mindestens 15 Jahren auf den Straßen unterwegs sind. Die Idee? Weniger Abgase, mehr saubere Luft – klingt gut, oder?
Der Preis der Luftqualität
Aber so einfach ist es nicht. Viele Menschen stehen vor einem Dilemma: Wie soll man sich ein neues, „umweltfreundliches“ Auto leisten, wenn das alte zwar alt, aber noch voll funktionstüchtig ist?
Ein Lyoner Autofahrer bringt es auf den Punkt: „Meine Karre läuft wie geschmiert. Klar, sie hat ein paar Jahre auf dem Buckel, aber warum soll ich sie wegwerfen, wenn sie noch fährt?“ Ein anderer gibt offen zu, dass er sich keinen Wagen mit Crit’Air-2-Plakette leisten kann und deshalb wohl „illegal“ weiterfahren wird. Ein brisanter Punkt – schließlich will niemand zwischen sauberer Luft und seiner Existenzgrundlage wählen müssen.
Ausnahmefälle und soziale Ungleichheit
Die Métropole de Lyon hat zumindest einige Ausnahmen geschaffen. Wer nachts arbeitet, erhält beispielsweise eine Sondergenehmigung. Doch reichen diese Maßnahmen aus, um die soziale Ungleichheit zu entschärfen? Studien zeigen, dass Menschen mit geringem Einkommen häufiger auf ältere Autos angewiesen sind – sie tragen also den größten Teil der Last. Gleichzeitig sind es oft dieselben Viertel, die am stärksten von Luftverschmutzung betroffen sind. Ein Teufelskreis.
Eine Stadt im Wandel
Lyon ist bekannt für seine progressive Umweltpolitik. Schon 2020 hatte die Stadt die ZFE eingeführt, um den Verkehr in der Innenstadt zu reduzieren. Jetzt wird die Schraube weiter angezogen. Doch was bedeutet das langfristig für die Stadt und ihre Bewohner?
Einerseits könnten die Maßnahmen tatsächlich dazu führen, dass die Luftqualität steigt – was gerade in einer dicht besiedelten Region wie Lyon dringend nötig ist. Stickoxide und Feinstaub, Hauptverursacher von Atemwegserkrankungen, könnten deutlich reduziert werden. Doch die Umstellung kostet. Und zwar nicht nur Geld, sondern auch Nerven.
Die großen Fragen
Ist die Luftqualität wichtiger als die Mobilität der Menschen? Oder gibt es Wege, beides in Einklang zu bringen? Klar ist, dass die Herausforderungen nicht nur technologisch, sondern auch sozial sind. Lyon macht vor, wie ernst es die Klimaziele nimmt – doch der Erfolg hängt davon ab, wie viele Menschen auf diesem Weg mitgenommen werden können.
Letztlich bleibt die Hoffnung, dass solche Maßnahmen nicht nur Einschränkungen bedeuten, sondern auch Chancen bieten – für eine gesündere, lebenswertere Stadt.
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