Tag & Nacht

Tief unter den Alpen, verborgen vor den Blicken der Welt, arbeiten rund 3.000 Arbeiter an einem der ehrgeizigsten Infrastrukturprojekte Europas: dem Lyon-Turin-Tunnel. Doch hinter der Ingenieurskunst verbirgt sich auch eine düstere Realität – tödliche Unfälle, massive Kostensteigerungen und anhaltende Proteste.

Ein Tunnel von gigantischem Ausmaß

Mit einer Länge von 57 Kilometern soll der Tunnel der längste Eisenbahntunnel der Welt werden. Die Bauarbeiten finden unter extremen Bedingungen statt: über 1.000 Meter unter der Erde, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Bis zur Fertigstellung müssen 37 Millionen Tonnen Gestein aus dem Berg gesprengt und abtransportiert werden.

Für die Sicherheit der Arbeiter gelten strenge Maßnahmen. Jeder, der den Tunnel betritt, trägt eine GPS-Balise – im Ernstfall sollen Verschüttete so schneller gefunden werden. Doch die Gefahren bleiben allgegenwärtig: Sprengungen, einstürzende Felsformationen und unvorhersehbare geologische Herausforderungen machen das Arbeiten in den Tiefen der Erde zu einer lebensgefährlichen Aufgabe.

Tragische Unfälle und steigende Kosten

Seit Beginn der Arbeiten sind bereits drei Arbeiter ums Leben gekommen – in weniger als zwei Jahren. Jeder Todesfall führt zu erneuten Debatten über die Sicherheit und die ethische Vertretbarkeit dieses Mammutprojekts.

Zudem explodieren die Kosten. Ursprünglich auf einen bestimmten Rahmen kalkuliert, sind mittlerweile zusätzliche 11 Milliarden Euro notwendig, um den Bau abzuschließen. Wie hoch wird die Endrechnung am Ende wirklich sein? Diese Frage bleibt offen, denn Großprojekte dieser Art haben eine Tendenz, immer teurer zu werden als ursprünglich geplant.

Ein umstrittenes Bauvorhaben

Der Lyon-Turin-Tunnel sorgt seit Jahrzehnten für hitzige Debatten. Während Befürworter auf eine ökologische Verkehrswende setzen – immerhin soll der Tunnel bis zu 344 Züge pro Tag ermöglichen und damit den Güterverkehr massiv von der Straße auf die Schiene verlagern – sehen Kritiker vor allem Umweltzerstörung und enorme Kosten.

Protestgruppen in Frankreich und Italien kämpfen seit Jahren gegen das Projekt. Sie warnen vor den langfristigen Auswirkungen auf die Alpenregion, das Grundwasser und die lokale Bevölkerung. Doch die Bauarbeiten gehen weiter – unaufhaltsam, wie eine riesige Maschine, die nicht mehr gestoppt werden kann.

Blick in die Zukunft

Bis zur geplanten Eröffnung im Jahr 2033 ist es noch ein langer Weg. Die Hoffnungen sind groß: weniger Lastwagen auf den Straßen, kürzere Reisezeiten zwischen Frankreich und Italien und eine umweltfreundlichere Lösung für den europäischen Güterverkehr.

Doch der Preis dafür ist hoch – finanziell, menschlich und ökologisch. Wird sich dieses Milliardenprojekt am Ende wirklich auszahlen? Die Antwort darauf wird sich erst in vielen Jahren zeigen.

Autor: C.H.

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