Tag & Nacht

Die führende Figur der französischen Rechten, Marine Le Pen, hat ihre Position zur Judenverfolgung in den 1940iger Jahren, insbesondere der „Rafle du Vel d’Hiv“ revidiert. Am 16. Juli 2024, genau 82 Jahre nach den schrecklichen Ereignissen, hat die Gründerin des Rassemblement National erstmals anerkannt, dass die Verhaftungen der Juden damals von französischen Behörden angeordnet wurden. Diese Aussage markiert eine bedeutende Abkehr von ihrer früheren Haltung, die sie noch im April 2017 vertrat. Damals hatte sie behauptet, dass „Frankreich nicht verantwortlich“ sei.

Im Jahr 1995 hatte Jacques Chirac als erster französischer Präsident die Verantwortung Frankreichs für die Deportationen der jüdischen Bevölkerung während der Besatzung anerkannt. Diese Geste wurde von vielen als historischer Schritt gesehen. Doch Marine Le Pen, eine prominente Figur der französischen Rechten, lehnte diese Anerkennung vehement ab. Ihre jüngste Aussage zeigt nun eine bemerkenswerte Wende in ihrer politischen Rhetorik.

In ihrer aktuellen Botschaft auf der Plattform X schrieb sie: „Am 16. Juli 1942 haben die französischen Behörden Frankreich beschmutzt, indem sie die schändliche Rafle du Vel d’Hiv anordneten. Die Opfer dieser Tragödie gehören nicht nur der Geschichte an. Ihr Leiden und ihre Erinnerung erinnern uns daran, dass der Fluch des Antisemitismus nicht verschwunden ist und heute von den Hassreden einer extremen Linken und Islamisten, die unsere jüdischen Mitbürger ins Visier genommen haben, genährt wird.“

Eine neue Richtung?

Diese Anerkennung ist eine Premiere für Le Pen und könnte als weiterer Versuch gewertet werden, ihre Partei moderater zu positionieren. In den vergangenen Jahren hat sie regelmäßig den Opfern der Verhaftungen gedacht, doch zum ersten Mal spricht sie nun explizit von den „französischen Behörden“. Der Hintergrund dieser Wandlung bleibt unklar, da sie auf Anfragen der Nachrichtenagentur AFP am Dienstagnachmittag nicht reagierte.

Ein Blick zurück: Die Rafle du Vel d’Hiv

Am 16. und 17. Juli 1942 wurden über 13.000 Juden in Paris und Umgebung verhaftet. Diese Aktion, die auf Befehl der deutschen Besatzer und der kollaborierenden französischen Regierung stattfand, führte zur Internierung der Opfer im Vélodrome d’Hiver. Von dort wurden sie in die nationalsozialistischen Vernichtungslager deportiert. Der Begriff „Rafle du Vel d’Hiv“ bleibt ein Synonym für die Kollaboration und den Verrat der Vichy-Regierung an den eigenen jüdischen Bürgern.

Die Erwähnung der „französischen Behörden“ durch Le Pen ist ein entscheidender Punkt. Es zeigt ein Maß an Verantwortungsübernahme, das bisher in ihren Aussagen fehlte. Aber wie wirkt sich diese Veränderung auf ihre politische Position und die Wahrnehmung ihrer Partei aus?

Politische Auswirkungen und öffentliche Reaktionen

Marine Le Pen hat stets polarisiert. Ihre früheren Äußerungen und die des Rassemblement National führten oft zu heftigen Kontroversen. Diese jüngste Aussage könnte darauf abzielen, eine breitere Wählerschaft anzusprechen und eine Art Versöhnung mit der historischen Schuld Frankreichs herbeizuführen.

Die Reaktionen auf diese neue Positionierung könnten vielfältig sein. Einige mögen sie als notwendige Anerkennung der historischen Wahrheit begrüßen. Andere hingegen könnten skeptisch bleiben und dies als taktischen Schachzug zur Verbesserung ihres politischen Images werten. Wird diese Anerkennung ausreichen, um das tief verwurzelte Misstrauen gegenüber ihrer Person und ihrer Partei zu mindern?

Gedanken zum Antisemitismus heute

Ein weiterer zentraler Punkt in Le Pens Botschaft ist der Hinweis auf den fortbestehenden Antisemitismus. Sie betont, dass dieser nicht verschwunden sei, sondern heute durch verschiedene Gruppierungen genährt werde. Dieser Verweis auf aktuelle gesellschaftliche Probleme könnte darauf abzielen, die Dringlichkeit des Kampfes gegen Antisemitismus zu unterstreichen und ihre Partei als entschiedene Gegnerin jeglicher Form von Hass und Diskriminierung zu präsentieren.

Marine Le Pens Anerkennung der Verantwortung der französischen Behörden für die Deportation der französischen Juden und die „Rafle du Vel d’Hiv“ stellt eine bemerkenswerte Wende in ihrer politischen Rhetorik dar. Diese Veränderung könnte als Versuch gewertet werden, die historische Verantwortung Frankreichs anzuerkennen und gleichzeitig ihre Partei in einem moderateren Licht darzustellen. Die Frage bleibt jedoch, ob diese neue Position von der Öffentlichkeit und ihren politischen Gegnern akzeptiert wird. Es wird interessant sein zu beobachten, wieweit diese Entwicklung gehen wird und wie sie sich auf ihre politische Zukunft und die des Rassemblement National auswirkt.


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