Tag & Nacht

Fünf Tage nach dem verheerenden Zyklon Chido, der mit Winden von über 220 km/h über Mayotte fegte, ist Präsident Emmanuel Macron in das französische Überseegebiet gereist. Mitgebracht hat er nicht nur Lebensmittel und medizinische Hilfsgüter, sondern auch die Botschaft: Frankreich lässt die Mahorais nicht im Stich. Doch der Weg aus der Katastrophe ist lang.

Zerstörung in historischem Ausmaß

Chido war der heftigste Zyklon, der die Insel seit 90 Jahren getroffen hat. Die Zahlen sind erschütternd: Mindestens 31 Tote, 1.400 Verletzte und 70 % der Bevölkerung direkt betroffen. Besonders verheerend traf es die ärmsten Viertel, wie Kawéni, das größte Elendsviertel Frankreichs, wo viele Menschen in einfachen Blechhütten leben. Ganze Straßenzüge wurden wie von einem Dampfwalzen überrollt – der Wiederaufbau ist eine Mammutaufgabe.

Erste Hilfe erreicht die Insel

Schon bei seiner Ankunft in Mayotte hatte Macron vier Tonnen Hilfsgüter an Bord: Lebensmittel, Hygieneartikel und medizinische Ausrüstung. Außerdem begleiten ihn zwanzig Ärzte, Pfleger und Logistiker. Parallel dazu läuft ein „maritimer Brückenschlag“ von La Réunion aus. Rund 200 Container mit Hilfsgütern sollen in den kommenden Tagen auf der Insel ankommen.

Die französische Regierung hat zudem die Preise für Grundnahrungsmittel und Hygieneprodukte eingefroren, um einer Preisexplosion entgegenzuwirken. Ein kleiner Lichtblick für die Menschen vor Ort, die mit Versorgungsengpässen zu kämpfen haben.

Macron besucht die Menschen

Der Präsident begann seinen Besuch mit einer Luftbeobachtung der betroffenen Gebiete. Am Krankenhaus von Mamoudzou, der größten Geburtsklinik Frankreichs, konnte er das Ausmaß der Schäden aus erster Hand sehen. „Trotz der schweren Schäden hat das Krankenhaus durchgehend funktioniert“, berichtet Direktor Jean-Mathieu Defour – ein bemerkenswerter Kraftakt des Personals.

Macron plant außerdem einen Besuch in einem zerstörten Viertel, um mit Betroffenen und Einsatzkräften zu sprechen. Denn jenseits der materiellen Zerstörung hat der Zyklon tiefe Spuren in der Seele der Mahorais hinterlassen.

Eine Insel in Not – und in Bewegung

Die Solidarität der Menschen vor Ort beeindruckt. Trotz der widrigen Umstände organisieren sich die Bewohner, um Trümmer zu beseitigen und erste Notunterkünfte zu schaffen. Nasrine, eine Lehrerin aus dem Viertel La Vigie, beschreibt die Situation: „Wir haben improvisiert, um zumindest das Nötigste wiederherzustellen.“

Doch die Herausforderungen bleiben gewaltig. Besonders besorgniserregend ist die Gefahr, dass die zerstörten Blechhütten in Windeseile wieder aufgebaut werden – ohne echte Sicherheit vor den kommenden Regenfällen.

„Eine historische Katastrophe“

Premierminister François Bayrou bezeichnete den Zyklon als „die schwerste Naturkatastrophe in der Geschichte Frankreichs seit Jahrhunderten“. Er versprach, nach der Kabinettsbildung selbst nach Mayotte zu reisen, um weitere Hilfsmaßnahmen zu koordinieren.

Macron seinerseits plant, bei seinem Aufenthalt auch die politischen Vertreter Mayottes zu treffen, um die nächsten Schritte zu besprechen. Gleichzeitig wird über einen nationalen Trauertag nachgedacht, um den Opfern von Chido zu gedenken und die Bedeutung dieser Katastrophe zu unterstreichen.

Blick nach vorn

Der Wiederaufbau Mayottes wird ein Mammutprojekt – nicht nur infrastrukturell, sondern auch gesellschaftlich. Wie verhindert man, dass die soziale Ungleichheit nach der Katastrophe noch größer wird? Wie stellt man sicher, dass auch die Ärmsten sicher wohnen können? Diese Fragen werden Frankreichs Regierung in den kommenden Monaten und Jahren beschäftigen.

Eine alte Weisheit besagt: „In der Krise zeigt sich der Charakter.“ Mayotte hat bereits bewiesen, dass Zusammenhalt und Entschlossenheit die Menschen durch die schwersten Zeiten tragen können. Nun liegt es an der französischen Regierung, diesen Geist zu unterstützen – und eine Zukunft zu bauen, die den Namen verdient.


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