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55 Millionen Euro – so hoch ist die Summe, die Kylian Mbappé aktuell vom Pariser Spitzenklub PSG fordert. Es geht um nicht bezahlte Gehälter, Prämien und Bonuszahlungen. Doch es geht um weit mehr als Zahlen auf einem Konto: Es geht um Prinzipien, Machtverhältnisse – und um ein Kapitel, das das französische Fußballsystem in seinen Grundfesten erschüttern könnte.

Konservatorische Keule gegen den Ex-Klub

Die Schlagzeile schlug ein wie ein Blitz: Mbappé hat über seine Anwälte die Bankkonten des PSG in Höhe von 55 Millionen Euro vorläufig pfänden lassen. Ein konservatorischer Schritt, genehmigt vom Pariser Tribunal, um zu verhindern, dass die angeblich geschuldeten Beträge verschwinden oder nicht mehr verfügbar sind.

Doch das ist nur der Anfang. Der Superstar, mittlerweile beim Real Madrid unter Vertrag, zieht jetzt vor die Arbeitsgerichte – konkret vor den Conseil des Prud’hommes. Es geht um drei ausstehende Monatsgehälter sowie nicht gezahlte Prämien. Und Mbappés Anwälte machen dabei eines klar: Sie sehen im Verhalten des Klubs ein Muster – das nicht nur ihren Mandanten betrifft.

Der „Loft“-Skandal und der Schatten des Mobbings

Neben der finanziellen Komponente bringt Mbappé noch einen anderen, schwerer wiegenden Vorwurf auf den Tisch: Er sei im Sommer 2023 gezielt isoliert worden, weil er sich weigerte, seinen Vertrag um ein weiteres Jahr zu verlängern. Diese „mise à l’écart“, das Abstellen in ein Trainings-„Loft“ abseits der Mannschaft, sieht er als Form von psychischem Druck.

Ein Vorwurf, der auch juristisch Gewicht bekommt: Mbappé hat sich der Klage der Spielergewerkschaft UNFP angeschlossen, die bereits im letzten Jahr wegen ähnlicher Praktiken gegen den Klub juristisch vorging.

Ein verworrenes Spiel mit mehreren Ebenen

Die juristische Auseinandersetzung zieht bereits seit Monaten ihre Kreise. Die Ligue de Football Professionnel (LFP) hatte den Verein schon im Herbst 2023 zweimal zur Zahlung aufgefordert. Doch PSG ignorierte die Entscheidungen und verklagte daraufhin die Liga selbst. Die Sportgerichtsbarkeit der LFP und auch der französische Fußballverband FFF erklärten sich für „nicht zuständig“. Nun liegt der Fall beim Zivilgericht, das erste Verhandlungstermine bereits festgesetzt hat – die Substanz des Verfahrens wird aber wohl erst in einigen Monaten geklärt.

Was dabei leicht übersehen wird: Mbappé hat auch die FFF informiert, um eine Mitteilung an die UEFA zu erwirken. Ziel ist es, den PSG unter Druck zu setzen – denn ausstehende Zahlungen an Spieler können laut UEFA-Regularien dazu führen, dass einem Klub die Lizenz für die Champions League entzogen wird. Eine Eskalation mit Sprengkraft.

PSG: Gesprächsbereit – aber mit Vorwürfen

Der Verein selbst gibt sich nach außen hin betont konziliant. Man wolle eine „einvernehmliche Lösung“, hieß es aus dem Umfeld der Vereinsführung. Gleichzeitig wirft man Mbappé „wiederholte schlechte Absichten“ und die „totale Ablehnung einer Mediation“ vor. Die Führungsspitze des Klubs betont, dass es eine Einigung mit dem Spieler gegeben habe – und will entsprechende Beweise vor Gericht vorlegen.

Machtkampf oder Signal an das System?

Was wie ein persönlicher Rosenkrieg aussieht, ist in Wahrheit ein aufgeladener Streit mit strukturellem Echo. Es geht um Spielerverträge, um Loyalität, um die Frage: Wer hat im modernen Fußball eigentlich das letzte Wort? Der Klub mit seinen Millionen oder der Star mit seiner Reichweite?

Mbappés Fall könnte zur Blaupause werden. Für andere Spieler, die sich vom Verein unfair behandelt fühlen. Für Vereine, die sich mehr juristische Spielräume erkämpfen wollen. Für Sportjuristen, die das Arbeitsrecht im Profisport neu definieren wollen. Und nicht zuletzt für ein Fußballsystem, das längst mehr ist als ein Spiel – es ist ein knallhartes Geschäft.

Und vielleicht fragt sich mancher Fan angesichts dieser Millionenforderung: Geht es hier wirklich noch um Fußball?

Autor: Andreas M. Brucker

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