Die Fischerei im Golf von Biskaya ist nach einem Monat Pause wieder angelaufen – und kaum vier Tage später meldet die Umweltorganisation Sea Shepherd bereits den ersten toten Delfin. Um ein Zeichen zu setzen, präsentierte die NGO am Alten Hafen von La Rochelle den Kadaver eines gestrandeten Meeressäugers. Ein drastisches Bild, das eine unbequeme Wahrheit offenbart: Die Netze der Fischerei werden für unzählige Delfine jedes Jahr zur tödlichen Falle.
Ein Delfin, gefangen im Netz – ein Einzelfall?
„Die Fischerei hat gerade erst wieder begonnen, und schon haben wir den ersten Delfin in den Netzen“, erklärt Sea Shepherd am 26. Februar. Die Organisation kämpft seit Jahren gegen die hohen Beifangraten von Delfinen in französischen Gewässern und macht immer wieder mit aufsehenerregenden Aktionen auf das Problem aufmerksam.
Der am Dienstag an der Küste der Vendée gefundene Delfin weist laut Sea Shepherd „eindeutige Spuren der Fischernetze“ auf. Natacha, Einsatzkoordinatorin der NGO in Frankreich, beschreibt die typischen Verletzungen: „Diese Tiere müssen alle acht Minuten auftauchen, um zu atmen. Sie geraten in Panik, kämpfen um ihr Leben – aber die Netze sind so fein, dass sie wie Rasierklingen schneiden.“ Ein qualvoller Tod, den jedes Jahr tausende Delfine erleiden.
6.000 tote Delfine pro Jahr – und die Zahl steigt
Sea Shepherd zeigt in La Rochelle eine klare Botschaft: „Tausende Delfine werden jedes Jahr in Frankreich getötet, damit ihr Fisch essen könnt.“ Eine drastische, aber realistische Aussage. Laut der NGO sterben jährlich etwa 6.000 Delfine in den Netzen der Fischer und industriellen Schleppnetzflotten entlang der französischen Atlantikküste.
Die Zahlen sind erschreckend – doch warum gibt es nicht längst striktere Maßnahmen?
Zwischen dem 22. Januar und dem 20. Februar durften größere Fischereiboote den Hafen nicht verlassen, um die Delfine in ihrer Fortpflanzungszeit zu schützen. Doch kaum ist das Fangverbot aufgehoben, geht das Töten weiter. Sea Shepherd fordert deshalb strengere und langfristige Regelungen – und nicht nur eine befristete Pause.
Ist nachhaltige Fischerei überhaupt möglich?
Die Debatte ist komplex: Fischerei sichert Existenzen, versorgt Millionen Menschen mit Nahrung – doch auf Kosten der marinen Artenvielfalt? Können wir guten Gewissens Fisch essen, wenn dabei Meeressäuger sterben?
Während Fischerei-Verbände auf technische Lösungen wie akustische Warngeräte (sogenannte Pinger) setzen, kritisieren Umweltorganisationen diese als ineffektiv. Die Delfine gewöhnen sich an die Signale oder meiden bestimmte Gebiete – doch viele Netze bleiben für sie unsichtbar.
Sea Shepherds Kampagne „Operation Dolphin Bycatch“ will das Problem an die Öffentlichkeit bringen. Denn eines ist sicher: Solange Beifang nicht ernsthaft reguliert wird, bleibt der Ozean für viele Delfine eine tödliche Falle.
Autor: Andreas M. B.
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