Tag & Nacht




Am 21. März wird weltweit der Internationale Tag gegen Rassismus begangen – ein Gedenktag, der an das Massaker von Sharpeville im Jahr 1960 erinnert, bei dem 69 Menschen bei einem Protest gegen die Apartheidgesetze in Südafrika getötet wurden. Seither gilt dieses Datum als mahnender Anlass, um auf rassistische Diskriminierung und strukturelle Ungleichheiten aufmerksam zu machen. Doch auch mehr als sechs Jahrzehnte später bleibt Rassismus ein tief verankerter Bestandteil vieler Gesellschaften, in unterschiedlichen Formen, mit teils tödlichen Konsequenzen. Jüngste Entwicklungen in den USA und Europa zeigen, dass der Kampf gegen rassistische Strukturen nicht nur andauert, sondern neue Dringlichkeit erfährt.

Institutioneller Rassismus in den Vereinigten Staaten

In den Vereinigten Staaten stehen Rassismus und Gewalt gegenüber Schwarzen und anderen Minderheiten weiterhin im Fokus der politischen Debatte. Ein besonders aufrüttelnder Fall sorgte im Dezember für Empörung: Ein afroamerikanischer Häftling starb nach einer brutalen Misshandlung durch mehrere weiße Gefängniswärter. Videoaufnahmen dokumentierten eine Szene, in der der gefesselte Mann schwer geprügelt und gewürgt wurde, während andere Beamte untätig zusahen. Der Vorfall verdeutlichte nicht nur die Brutalität im Strafvollzug, sondern offenbarte auch die tief sitzenden rassistischen Strukturen, die solche Taten ermöglichen und lange ungestraft lassen.

Der Fall reiht sich ein in eine Serie ähnlicher Ereignisse, die den strukturellen Rassismus im US-Justizsystem sichtbar machen. Bürgerrechtsgruppen kritisieren seit Jahren eine „Kultur der Gewalt“, die insbesondere schwarze Männer überproportional betrifft. Der Einsatz tödlicher Gewalt durch Polizeikräfte, Diskriminierung bei Gerichtsverfahren und überdurchschnittlich hohe Inhaftierungsraten gehören zu den wiederkehrenden Mustern.

Auch in der Bildungspolitik gab es eine bedeutende Entwicklung: Der Oberste Gerichtshof untersagte im vergangenen Jahr die Berücksichtigung ethnischer Zugehörigkeit bei der Zulassung an Hochschulen. Jahrzehntelang war „Affirmative Action“ ein Instrument, um benachteiligte Gruppen, insbesondere Afroamerikaner und Latinos, im Bildungswesen gezielt zu fördern. Das Urteil markiert eine Abkehr von dieser Praxis und ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. Während konservative Kräfte die Entscheidung als Schritt zu echter Chancengleichheit feiern, kritisieren Bürgerrechtsbewegungen, dass dadurch bestehende Ungleichheiten weiter zementiert würden.

Ein weiteres Symbol politischer Auseinandersetzungen ist der „Black Lives Matter“-Schriftzug in der Nähe des Weißen Hauses, der 2020 in Reaktion auf den Mord an George Floyd entstand. Die Debatte um dessen Entfernung zeigt exemplarisch, wie stark selbst symbolische Formen des Antirassismus in den USA umkämpft sind. Während einige die Botschaft als Teil des öffentlichen Gedächtnisses verstehen, sehen andere darin eine Politisierung des öffentlichen Raums, die sie rückgängig machen wollen.

Rechtsextremismus und Gegenwehr in Europa

Auch in Europa bleibt Rassismus ein reales und zunehmendes Problem – nicht nur in Form subtiler Diskriminierung, sondern auch in offen gewaltsamer Ausprägung. In Deutschland sorgte jüngst ein Prozess gegen zwei Rechtsextreme für Aufmerksamkeit, die für eine Serie von Brandanschlägen in Berlin verantwortlich gemacht wurden. Die Taten richteten sich gezielt gegen Menschen, die sich öffentlich gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagierten. Dass es über Jahre hinweg dauerte, bis die Täter zur Rechenschaft gezogen wurden, warf Fragen zur Ernsthaftigkeit staatlicher Ermittlungen im Umgang mit rechtsextremer Gewalt auf.

Auch in Großbritannien kam es im vergangenen Jahr zu gewaltsamen Ausschreitungen durch rechtsextreme Gruppen. Die Krawalle riefen eine breite zivilgesellschaftliche Mobilisierung hervor, bei der Tausende Menschen in verschiedenen Städten ein sichtbares Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit setzten. Dennoch bleibt das Klima angespannt: Politische Rhetorik, insbesondere im Zusammenhang mit Migration, trägt nicht selten zur Verschärfung rassistischer Spannungen bei.

Auf struktureller Ebene weist auch der Europarat regelmäßig darauf hin, dass in vielen europäischen Ländern institutioneller Rassismus weiterhin tief verwurzelt ist – ob in Polizei, Bildungswesen oder Wohnungsmarkt. Gerade die Situation von Menschen afrikanischer Herkunft wird als besonders prekär beschrieben. Diskriminierung im Alltag, eingeschränkter Zugang zu Arbeitsplätzen und mangelnde politische Repräsentation führen dazu, dass viele Betroffene dauerhaft benachteiligt bleiben.

Zwischen Erinnerung und Verpflichtung

Der Internationale Tag gegen Rassismus ist mehr als ein Gedenktag. Er ist ein Prüfstein für den gesellschaftlichen Zustand demokratischer Rechtsstaaten und ein Spiegel der globalen Ungleichheit. Die jüngsten Ereignisse machen deutlich, dass Rassismus kein Randphänomen ist, sondern in vielen Gesellschaften strukturell verankert bleibt. Institutionen, die eigentlich Schutz bieten sollten – wie Polizei, Justiz oder Bildungssysteme – reproduzieren häufig jene Ungleichheiten, die sie überwinden sollten.

Gleichzeitig zeigen die massenhaften Proteste, zivilgesellschaftlichen Initiativen und gerichtlichen Aufarbeitungen, dass es eine starke Gegenbewegung gibt. Eine Bewegung, die nicht nur Missstände benennt, sondern konkrete Reformen einfordert. Der Schutz der Menschenwürde, der 2025 im Zentrum der Internationalen Wochen gegen Rassismus steht, ist nicht verhandelbar. Doch er verlangt politische Konsequenz, gesellschaftliche Wachsamkeit und die Bereitschaft, auch unbequeme Realitäten anzuerkennen.

Solange Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion diskriminiert werden, ist der Einsatz gegen Rassismus nicht abgeschlossen. Die Aufgabe bleibt: hinzusehen, zu benennen, zu handeln.

Von Andreas Brucker

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