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Das französische Überseeterritorium Neukaledonien hält am Wochenende ein drittes und letztes Referendum über die Unabhängigkeit von Frankreich ab. Der Wahlkampf war geprägt von Forderungen, die Abstimmung wegen der Covid-Pandemie zu verschieben.

Das Gebiet, das etwa 2.000 Kilometer östlich von Australien liegt, durfte im Rahmen eines Abkommens von 1988 drei Unabhängigkeitsreferenden abhalten, um die Spannungen auf der Inselgruppe zu verringern.

Nachdem die 185.000 Wählerinnen und Wähler 2018 und im vergangenen Jahr eine Abspaltung von ihren ehemaligen französischen Kolonialherren abgelehnt haben. Diesmal findet die Abstimmung vor dem Hintergrund zunehmend angespannter Beziehungen mit Paris statt.

Präsident Emmanuel Macron hat betont, dass der französische Staat in dem Referendum keine Partei ergreift, sondern nur die Aufgabe hat, einen fairen und reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. „Am Tag nach der Abstimmung, egal wie das Ergebnis ausfällt, wird es ein gemeinsames Beziehungen zwischen Neukaledonien und Frankreich geben“, sagte er am Donnerstag.

Die Wahllokale öffnen am Sonntag um 8:00 Uhr Ortszeit (21:00 GMT Samstag) und schließen um 18:00 Uhr Ortszeit (05:00 GMT Sonntag), die Ergebnisse werden einige Stunden später erwartet.

Das Referendum findet zu einer Zeit statt, in der ein wachsender Einfluss Chinas in der Region deutlich zu spüren ist. Experten vermuten, dass ein unabhängiges Neukaledonien Pekings Vorstößen gegenüber aufgeschlossener sein könnte, die zum Teil durch ein Interesse an den Bodenschätzen der Region motiviert sind.

China ist bereits der größte Abnehmer für Neukaledoniens Metallexporte, insbesondere für Nickel.

„Wenn die französischen Schutzmaßnahmen wegfallen, wären alle Voraussetzungen gegeben, damit sich China dauerhaft in Neukaledonien niederlassen kann“, sagte Bastien Vandendyck, ein auf den Pazifik spezialisierter Analyst für internationale Beziehungen. Andere Staaten in der Region Melanesien, zu der auch Fidschi, Vanuatu, die Salomonen und Papua-Neuguinea gehören, seien bereits zu „chinesischen Satelliten“ geworden, so Vandendyck gegenüber der AFP.

„Alles, was China jetzt noch braucht, um seine Perlenkette vor der Haustür Australiens zu vervollständigen, ist Neukaledonien“, sagte Vandendyck.

Unabhängigkeitsbefürworter wollten die Abstimmung wegen eines Anstiegs der Covid-Fälle verschieben.
Die 270.000 Einwohner Neukaledoniens blieben während der ersten Phase der weltweiten Pandemie weitgehend von Covid-Infektionen verschont, mussten aber seit dem Auftreten der Delta-Variante in den letzten Monaten fast 300 Covid-Todesfälle hinnehmen.

Die französische Regierung hat die Forderung nach einer Verschiebung zurückgewiesen und erklärt, die Ausbreitung des Virus habe sich verlangsamt und die Inzidenzrate sei auf relativ bescheidene 80 bis 100 Fälle pro 100.000 Einwohner gesunken.

Die Unabhängigkeitsbefürworter drohen damit, das Ergebnis des Referendums nicht anzuerkennen, und kündigten an, sich an die Vereinten Nationen zu wenden, um die Annullierung des Referendums zu erreichen. Der französische Minister für die Überseegebiete, Sebastien Lecornu, erklärte dagegen, dass es zwar ein „demokratisches Recht“ sei, die Stimmabgabe zu verweigern, der Boykott aber nichts an der „Rechtsgültigkeit“ des Referendums ändern würde.

Das pro-französische Lager hat unterdessen seine Anhänger dazu aufgerufen, zahlreich zu erscheinen, da sie befürchten, dass der Boykott der Unabhängigkeitsparteien die Wähler dazu veranlassen könnte, zu Hause zu bleiben, da der Sieg als ausgemachte Sache erscheinen könnte.

Frankreich sieht sich dank überseeischer Gebiete wie Neukaledonien als indopazifische Großmacht.
Die Pro-Paris-Partei gewann das Referendum des Jahres 2018 mit 56,7 Prozent der Stimmen, aber dieser Prozentsatz fiel bei dem zweiten Referendum in 2020 auf 53,3 Prozent.

Der Archipel ist seit 1853 französisches Hoheitsgebiet.


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