Tag & Nacht




In der Idylle des Beckens von Arcachon, wo salzige Luft auf Pinienwälder trifft und Möwen über die Dünen kreisen, bahnt sich ein Umbruch an. Die geplante Genehmigung für acht neue Ölbohrungen in La Teste-de-Buch wurde vom Präfekten der Gironde gestoppt – ein deutlicher Sieg für die Umweltbewegung.

Die Entscheidung kam nicht aus heiterem Himmel. Schon seit Jahren stemmen sich lokale Kollektive wie „Stop Pétrole Bassin d’Arcachon“ gegen die Erweiterung der bestehenden Förderanlagen. Aktuell betreibt das kanadische Unternehmen Vermilion Energy bereits 33 Ölquellen in der Konzession von Cazaux. Doch was 2022 noch als wirtschaftlicher Ausbau begann, stößt 2025 auf den Widerstand einer Gesellschaft im Wandel.

Der Präfekt stützt seinen Beschluss auf das Votum des CODERST – dem Départements-Rat für Umwelt- und Gesundheitsrisiken. Und dieses Votum fiel klar aus: Nein zu weiteren Bohrungen. Die Begründung? Die Förderung fossiler Brennstoffe widerspricht den Klimazielen Frankreichs, insbesondere dem Pariser Abkommen.

Erdöl kontra Klimaschutz

Claire Méricq, Sprecherin des Kollektivs, fand deutliche Worte: „Dieses Projekt ist komplett anachronistisch und schädlich für die Umwelt.“ Und wer kann ihr da widersprechen? In Zeiten, in denen Waldbrände, steigende Meeresspiegel und Hitzewellen in Europa längst zur Realität gehören, wirkt die Vorstellung neuer Ölquellen wie ein Rückfall in ein fossiles Zeitalter, das wir doch längst hinter uns lassen wollten.

Aber ganz so einfach ist es eben nicht. Vermilion Energy will die Entscheidung nicht akzeptieren und kündigte bereits rechtliche Schritte an. Das Unternehmen sieht offenbar gute Gründe – wirtschaftliche Interessen, bestehende Infrastrukturen, vielleicht auch politische Rückendeckung.

Doch der Widerstand wächst.

Ein Dilemma zwischen Ökonomie und Ökologie

Was auf den ersten Blick wie ein lokaler Konflikt wirkt, offenbart bei näherem Hinsehen die Grundsatzfragen unserer Zeit: Wie ernst meint es die Politik mit der Energiewende? Welche Rolle dürfen fossile Energien in einer Übergangsphase noch spielen? Und ist wirtschaftliches Wachstum überhaupt noch mit echtem Umweltschutz vereinbar?

Die Auseinandersetzung im Arcachon-Becken ist dabei mehr als ein Einzelfall. Frankreich, wie viele andere Länder, steht vor einem schwierigen Balanceakt. Die Wirtschaft ächzt unter steigenden Energiepreisen, während die Wissenschaft unermüdlich mahnt: Jeder neue Tropfen Öl ist ein Tropfen zu viel.

Die Kraft der Zivilgesellschaft

Was aber Mut macht: Die Stimme der Zivilgesellschaft ist nicht zu überhören. Menschen organisieren sich, recherchieren, protestieren – und sie werden gehört. Die Entscheidung des Präfekten wäre ohne diesen öffentlichen Druck wohl kaum so ausgefallen. Vielleicht ist genau das das stärkste Signal dieser Geschichte.

Natürlich: Die rechtliche Auseinandersetzung wird sich noch hinziehen. Vielleicht ändert sich noch etwas an der Entscheidung. Aber schon jetzt ist klar: Ein einfaches „Weiter so“ wird es nicht geben.

Ein Wendepunkt?

Ob der Stopp der acht neuen Bohrungen ein Einzelfall bleibt oder zum Präzedenzfall für andere Regionen wird – das liegt nicht nur an Gerichten und Behörden. Es liegt an uns allen. Denn letztlich geht es um nichts Geringeres als die Frage: In welcher Welt wollen wir leben?

Autor: Daniel Ivers

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