Die Zugstrecke zwischen Paris und Brest gehört zu den traditionsreichsten Eisenbahnverbindungen Frankreichs – und zu den umstrittensten.
Während sie offiziell als eine der günstigsten und wichtigsten Fernverbindungen gilt, berichten Reisende immer wieder von Verspätungen, technischen Pannen und mangelnder Information.
Ein Klassiker mit Tücken.
Eine Strecke mit Geschichte – und Gegenwartssorgen
Die Linie Paris–Brest wurde 1865 eingeweiht – also noch zu Napoleons Zeiten. Sie durchquert auf über 600 Kilometern zentrale, westliche und bretonische Landstriche, bis sie am Atlantik endet. Doch die Romantik der Reise kollidiert heute allzu oft mit der Realität.
So blieb am 9. Mai 2025 ein TGV in Landerneau stehen – wegen verdächtigem Rauch. Der Zugverkehr kam ins Stocken.
Im März musste erneut ein TGV in Landerneau gestoppt werden, nachdem es bei Plouigneau zu einem tragischen Personenunfall gekommen war. Die Gendarmerie rückte an, Reisende saßen stundenlang fest.
Und das war nicht das erste Mal.
Viel Zug für wenig Geld – aber lohnt es sich?
Mit einem Durchschnittspreis von nur 8 Cent pro Kilometer gilt die Linie Paris–Brest als eine der preiswertesten TGV-Strecken Frankreichs. Ein echtes Schnäppchen also – zumindest auf dem Papier. Doch eine Studie der Verbraucherschutzorganisation UFC-Que Choisir zeigt: Nur 28 % der Fahrgäste sind mit der Verlässlichkeit des Angebots zufrieden. Gerade mal 36 % finden den Preis angemessen im Verhältnis zur Qualität.
Die Zahlen sprechen Bände. Denn günstig heißt offenbar nicht gleich gut.
Zukunftspläne auf langer Strecke
Die SNCF und der französische Staat wissen um die Probleme. Mit dem Großprojekt „Liaisons Nouvelles Ouest Bretagne–Pays de la Loire“ (LNOBPL) sollen die Verbindungen Richtung Westen bis 2050 spürbar verbessert werden – insbesondere zwischen Rennes, Nantes, Brest und dem Süden der Bretagne.
Das klingt noch weit weg.
Aber es ist ein Signal: Die Bahnpolitik hat die Peripherie nicht ganz vergessen. Nur – wie geduldig sollen die Menschen in Brest, Landerneau oder Morlaix noch sein?
Denn eigentlich geht es hier um mehr als um Pünktlichkeit und Komfort. Die schleppende Modernisierung der Strecke Paris–Brest steht beispielhaft für ein strukturelles Problem: die ungleiche Behandlung französischer Regionen. Während der Großraum Paris und andere Ballungszentren von topmodernen Schnellverbindungen profitieren, wirkt die Bretagne im Vergleich abgehängt – als würde man sie vergessen haben.
Das betrifft nicht nur Mobilität. Sondern auch Wirtschaft, Arbeitsplätze, Lebensqualität.
Eine Linie mit Symbolkraft
Wenn ein TGV in Landerneau stehen bleibt, ist das nicht nur eine technische Panne. Es ist auch ein symbolischer Stillstand.
Frankreichs Regierung und die SNCF müssen zeigen, dass auch die sogenannten Randregionen Teil der nationalen Zukunft sind – mit echter Infrastruktur, verlässlichen Verbindungen und gerechtem Zugang.
Denn was nützt der günstigste TGV, wenn er nie pünktlich fährt?
Autor: C.H.
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!