Ach, Wladimir Wladimirowitsch, da haben Sie es wieder geschafft, die Welt mit Ihrer unvergleichlichen Fähigkeit zur rhetorischen Pirouette zu verblüffen. Da bieten die USA und die Ukraine eine 30-tägige Waffenruhe an – ein bescheidener Vorschlag, könnte man meinen – und Sie antworten mit einem Forderungskatalog, der selbst den erfahrensten Diplomaten ins Schwitzen bringt.
Sie verlangen also, dass die „tieferliegenden Ursachen“ des Konflikts berücksichtigt werden müssen, bevor man über eine Waffenruhe sprechen kann. Ein Schelm, wer dabei an die altbekannte Forderung nach einem ukrainischen Verzicht auf NATO-Ambitionen und die Anerkennung der russischen Kontrolle über große Gebiete denkt. Natürlich, warum sollte man auch einfach mal die Waffen schweigen lassen, ohne vorher die geopolitische Landkarte nach eigenen Vorstellungen neu zu zeichnen?
Und dann die Sorge, dass die Ukraine die 30 Tage nutzen könnte, um sich neu zu bewaffnen und vom Westen Unterstützung zu erhalten. Man könnte fast meinen, Sie hätten Angst davor, dass die Ukraine ihre Verteidigungsfähigkeit stärkt. Aber nein, das kann nicht sein, schließlich betonen Sie doch stets, dass Ihre „Spezialoperation“ planmäßig verläuft und die russische Armee entlang der fast 2000 Kilometer langen Frontlinie vorankommt.
Es ist schon bemerkenswert, wie Sie es schaffen, jede noch so kleine Hoffnung auf Frieden mit Bedingungen zu versehen, die kaum erfüllbar sind. Während westliche Politiker von „guten Signalen“ sprechen, setzen Sie alles daran, diese Signale in einem Nebel aus Forderungen und Vorbehalten verschwinden zu lassen.
Aber vielleicht ist das ja Ihre Art, die Verhandlungsbereitschaft zu zeigen: Indem Sie die Latte so hoch legen, dass niemand sie überspringen kann. Eine Taktik, die sicherlich in die Lehrbücher der internationalen Diplomatie eingehen wird – als Paradebeispiel dafür, wie man Friedensbemühungen elegant ins Leere laufen lässt.
In der Zwischenzeit leidet die Zivilbevölkerung weiter, und die Welt schaut gespannt zu, welche neuen Bedingungen Sie als nächstes aus dem Hut zaubern werden. Vielleicht fordern Sie ja demnächst, dass die Ukraine sich verpflichtet, jeden Morgen den Sonnenaufgang in Moskau zu loben, bevor Sie einer Waffenruhe zustimmen. Man darf gespannt sein.
Ein Kommentar von Andreas M. Brucker
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!