Tag & Nacht

In mehreren französischen Städten kam es am Donnerstagabend zu teils gewalttätigen Demonstrationen, nachdem die Regierung den Artikel 49.3 ausgelöst hatte, um die umstrittene Rentenreform ohne Abstimmung in der Nationalversammlung durchzusetzen.

Große Wut in der Bevölkerung: Mehrere Tausend Demonstranten versammelten sich am Donnerstag, dem 16. März, in mehreren französischen Städten, um gegen die Rentenreform und die Auslösung des Artikels 49.3 zu protestieren, wobei die Demonstrationen teilweise von Auseinandersetzungen mit der Polizei geprägt waren.

Am Nachmittag versammelten sich Demonstranten nach einem Aufruf der Gewerkschaft Solidaires auf dem Place de la Concorde in Paris, unweit der Nationalversammlung, wo Elisabeth Borne den Artikel 49.3 ausgelöst hatte.

Vertreter mehrerer Jugendorganisationen, Studentengewerkschaften (Alternative) und politischer Organisationen (Jeunes insoumis, Jeunes écologistes, NPA Jeunes), die diese Demonstration initiiert hatten, waren anwesend. Ihnen schlossen sich Arbeiter an: vor allem Eisenbahner und Raffineriearbeiter. Ein Demonstrationszug von mehr als 1.600 Jugendlichen startete vom Place de la Sorbonne. Dabei riefen die Protestierenden „Emmanuel Macron, Präsident der Bosse, wir holen dich zu Hause ab“ und „Nieder mit dem 49.3“.

Wasserwerfer und Tränengas
Einer Polizeiquelle zufolge waren es „einige Tausend“ Protestierer in Paris, wo die Ordnungskräfte am frühen Abend eingriffen. Sie traten insbesondere mit Wasserwerfern in Aktion, nachdem Randalierer versucht hatten, den Obelisken auf der Place de la Concorde zu beschädigen, wie die Polizeipräfektur berichtete. Mehrere Tränengaseinsätze und Wasserwerfer vertrieben die Demonstranten nach und nach vom Platz in die umliegenden Straßen und Viertel.

Um 22 Uhr war die Demonstration aufgelöst und 120 Personen waren festgenommen worden, insbesondere wegen der Teilnahme an einer Gruppierung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, Sachbeschädigungen zu begehen, wie die Polizeipräfektur mitteilte.

Gewalt auch in Rennes
Auch in anderen Städten kam es zu Zwischenfällen, insbesondere in Rennes, wo die Präfektur am späten Abend von acht Festnahmen und ebenso vielen Polizeigewahrsamnahmen sprach, nachdem es zu mehreren Sachbeschädigungen und „26 gelöschten Feuern“ gekommen war. Die sozialistische Bürgermeisterin Nathalie Appéré sprach auf Twitter von „schlimmen“ Gewalttaten.

In Nantes, wo sich am frühen Abend nach Angaben der Polizei etwa 3.500 Menschen versammelten, verschlechterte sich die Stimmung rasch: Nicht abgeholte Mülltonnen wurden in Brand gesetzt, Würfe mit Molotowcocktails und Mörserschüsse auf die Sicherheitskräfte abgegeben, die ihrerseits Tränengas einsetzten.

In Marseille zertrümmerten maskierte Jugendliche auf der Pracht-Promenade Canebière das Schaufenster einer Bankfiliale und eine Werbetafel, während andere Mülltonnen anzündeten und dabei „Nieder mit dem Staat, den Bullen und den Arbeitgebern“ riefen.

„Die ganze Regierung sollte zurücktreten“
Auch in Amiens, Lille und Grenoble setzten die Polizeikräfte Tränengas ein. In Dijon, wo sich 700 Menschen versammelten, griffen einige „die Ordnungskräfte an und begingen Sachbeschädigungen“, während eine Schaufensterpuppe mit dem Bild des Präsidenten der Republik verbrannt wurde, wie die Präfektur berichtete. In Lyon kam es vor dem Hintergrund von Mülltonnenbränden und Wurfgeschossen auf das Rathaus zu vier Festnahmen, so die Präfektur.

Auch in Toulouse, Bordeaux und Besançon kam es zu Demonstrationen.

„Der 49.3 stärkt zwangsläufig ein wenig die Entschlossenheit der Protestierenden“, sagte der 20-jährige Ruben, Student der Politikwissenschaft in Paris 1, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, als er auf dem Place de la Concorde auf die Demonstranten traf. „Wir sind angewidert, weil wir seit Wochen mobilisieren, und die einzige Antwort der Regierung ist der Einsatz des 49.3“, kritisierte er.

Viele Menschen in Frankreich sind der Meinung, dass der Einsatz des Artikels 49.3 in dieser Sache eine Aussetzung oder gar Vergewaltigung der Demokratie darstellt.


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