Tag & Nacht

Am Mittwoch, dem 5. März 2025, wandte sich Präsident Emmanuel Macron in einer rund zehnminütigen Fernsehansprache an die französische Bevölkerung. Im Mittelpunkt standen die geopolitischen Entwicklungen rund um Russland, die Ukraine, die USA und die europäische Verteidigung.

„Wir treten in eine neue Ära ein“

Emmanuel Macron warnte mit ernsten Worten vor den Herausforderungen, die sich aus einem möglichen Schulterschluss zwischen den USA und Russland ergeben könnten – möglicherweise auf Kosten Europas und der Ukraine. Frankreich müsse sich auf Reformen, Entscheidungen und Mut einstellen.

„Angesichts einer Welt voller Gefahren wäre es Wahnsinn, nur zuzusehen“, erklärte der Präsident. Er sprach am Vorabend eines EU-Gipfels in Brüssel, bei dem über eine massive Stärkung der europäischen Verteidigung beraten werden soll.

Macron wollte mit seiner Rede, so sein Umfeld, auf die starke Unsicherheit in der Bevölkerung reagieren und diese „in den Willen zum Handeln und Voranschreiten“ umwandeln.

„Die russische Bedrohung ist real“

Der Präsident betonte, dass „die russische Bedrohung da ist und uns betrifft“. Diese Bedrohung kenne „keine Grenzen“, und es sei eine Illusion zu glauben, dass Russland sich mit der Ukraine zufriedengeben werde. Die geopolitische Lage habe sich dramatisch verändert, insbesondere seitdem US-Präsident Donald Trump den Dialog mit Wladimir Putin wieder aufgenommen habe, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.

„Die Zukunft Europas darf nicht in Washington oder Moskau entschieden werden“, mahnte Macron. Er wolle daran glauben, dass die USA Europa weiterhin unterstützen. „Aber wir müssen darauf vorbereitet sein, falls das nicht der Fall ist.“

Treffen in Paris zur zukünftigen Sicherheit der Ukraine

Angesichts dieser Bedrohungen zeigte sich Macron erfreut über die Fortschritte der EU bei der Stärkung der Verteidigung. Am Donnerstag werde Brüssel „entscheidende Schritte“ einleiten und hunderte Milliarden Euro in die europäische Verteidigung investieren – eine Initiative, die Frankreich seit Jahren vorgeschlagen habe.

Zudem kündigte Macron an, dass Frankreich in der kommenden Woche die Generalstabschefs jener Länder in Paris versammeln werde, die bereit seien, eine zukünftige Friedensordnung in der Ukraine zu garantieren. Dabei schloss er nicht aus, dass europäische Truppen nach einem Friedensschluss in der Ukraine stationiert werden könnten. Diese würden sich jedoch „nicht an Kampfhandlungen beteiligen“, sondern vielmehr für die Umsetzung und Einhaltung eines künftigen Friedensabkommens sorgen.

Mehr Investitionen in die Verteidigung – ohne Steuererhöhungen

Macron räumte ein, dass dieser sicherheitspolitische Kurs eine erhebliche finanzielle Herausforderung für Frankreich bedeute, insbesondere angesichts der bereits angespannten Haushaltslage. Dennoch seien zusätzliche Investitionen in die Verteidigung „unerlässlich“. Gleichzeitig versprach er, dass diese Investitionen nicht durch Steuererhöhungen finanziert würden.

„Dafür braucht es Reformen, Entscheidungen und Mut“, betonte der Präsident. Er forderte die politischen Akteure und die Sozialpartner auf, neue Lösungen zu entwickeln, anstatt sich auf „die Gewohnheiten von gestern“ zu verlassen. Macron appellierte an den nationalen Zusammenhalt und unterstrich: „Das Vaterland braucht Sie und Ihr Engagement.“

Nukleare Abschreckung

Ein weiterer zentraler Punkt seiner Rede war die Zukunft der französischen Nuklearstreitkräfte. Macron bestätigte seine Absicht, eine strategische Debatte darüber zu eröffnen, inwiefern die französische nukleare Abschreckung auch europäische Partner schützen könne. Gleichzeitig versicherte er, dass die Entscheidung über einen möglichen Einsatz dieser Waffen „immer in den Händen des Präsidenten der Republik bleiben wird“.

Handelsstreit mit den USA

Macron kritisierte die von den USA verhängten Zölle auf europäische Waren als „unverständlich“ und betonte, dass er Präsident Trump davon abzubringen hoffe.

„Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass die Vereinigten Staaten Zölle auf europäische Waren erheben“, warnte er. Dies sei bereits gegenüber Kanada und Mexiko geschehen. „Diese Entscheidung ist sowohl für die amerikanische als auch für unsere Wirtschaft unverständlich und wird Auswirkungen auf bestimmte Sektoren haben.“ Frankreich und die EU würden darauf nicht tatenlos reagieren.

Er hoffe, Trump davon überzeugen zu können, dass „diese Entscheidung uns allen schaden würde“.

Treffen mit Viktor Orbán

Unmittelbar nach seiner Rede empfing Macron den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán zu einem Abendessen. Orbán gilt als enger Unterstützer von Donald Trump und Wladimir Putin und als eine der kritischsten Stimmen innerhalb der EU.

Macrons Ansprache machte deutlich, dass sich Frankreich auf eine geopolitisch neue Realität einstellt. Die Unsicherheiten in den transatlantischen Beziehungen zwingen Europa dazu, seine Verteidigung eigenständiger zu organisieren. Gleichzeitig bleibt die Frage offen, wie der wachsende Druck auf den europäischen Zusammenhalt wirken wird – insbesondere mit Blick auf innere Spaltungen in der EU.

Autor: P.T.

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