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In der Haftanstalt von Tarbes im Departement Hautes-Pyrénées hat die Contrôleure générale des lieux de privation de liberté (CGLPL), die oberste Kontrollbehörde der französischen Gefängnisse, nach unangekündigten Besuchen im März gravierende Missstände aufgedeckt. Berichte über „zahlreiche Funktionsstörungen, die zu schweren Verstößen gegen die Rechte der Inhaftierten führen“, sorgten für Aufsehen. Das Justizministerium bestätigte nun, dass derzeit eine gerichtliche Untersuchung läuft.

Erschütternde Zeugenaussagen

Fünf Kontrolleure führten im März zwei unangekündigte Besuche in der Haftanstalt durch und sammelten dabei zahlreiche übereinstimmende und detaillierte Zeugenaussagen. Diese berichten von „körperlicher und psychischer Gewalt“, die wiederholt von einer Gruppe von Aufsehern auf die Insassen ausgeübt wurde. „Schläge“, „Ohrfeigen“, „Beleidigungen“, „Stinkefinger“, „Drohungen“ und „Spott“ gehören zu den beschriebenen Übergriffen. Als Reaktion darauf erließ die CGLPL am 10. April dringende Empfehlungen, die am 13. Juni im Journal officiel veröffentlicht wurden.

Vor Ort sprachen die Kontrolleure mit über 50 Inhaftierten – fast 40% der Gefangenen – sowie zahlreichen anderen Personen, sowohl aus der Gefängnisverwaltung als auch externen Beteiligten. Eine besonders erschreckende Entdeckung war die Zelle 130, die als „Herzstück dieses Systems der Misshandlungen und Drohungen“ gilt. Diese Zelle ist unter den Gefangenen berüchtigt als Ort, an dem sie regelmäßig brutalisiert und willkürlich für Stunden eingesperrt werden. Die CGLPL betont, dass es Überwachungsvideos gibt, die diese Vorwürfe untermauern.

Mangelnde Aufsicht und überfüllte Zellen

Die CGLPL kritisiert auch die „schuldhafte Untätigkeit der Führung“ angesichts dieser Zustände. In der gesamten Haftanstalt herrsche eine Atmosphäre der Gleichgültigkeit, ja sogar der Vernachlässigung gegenüber den Bedürfnissen der Inhaftierten. In einer überfüllten Anstalt, wo ein Sechstel der Gefangenen gezwungen ist, auf Matratzen am Boden zu schlafen, ist dies besonders alarmierend. Am Tag der Kontrolle betrug die Belegung des Hauses unglaubliche 203%. Zusätzlich ist die Einrichtung marode, und es kommt vor, dass nicht genug Essen für alle Insassen vorhanden ist.

Reaktion der Behörden

Die Gefängnisaufsicht forderte die Behörden auf, „die Gewalt gegen die Inhaftierten und die unwürdigen Haftbedingungen zu beenden“, indem sie eine gründliche Inspektion der Anstalt durchführten. Justizminister Eric Dupond-Moretti antwortete am 7. Mai auf diese Forderung.

In einem von dem Sender Franceinfo eingesehenen Schreiben räumt der Minister ein, dass ein Insasse am 2. März von einem Bediensteten „Gewalt erfahren“ habe. Doch laut ihm solle dieser „schwere, aber einmalige Vorfall“ nicht das Gesamtergebnis der Bewertung der Anstalt beeinträchtigen. Derzeit laufen sowohl eine gerichtliche Untersuchung als auch ein Disziplinarverfahren, wie Eric Dupond-Moretti bekanntgab.

Zusätzlich erwähnte der Minister, dass ein Renovierungsplan für die Zellen gestartet wurde. Hinsichtlich der Verpflegung habe es im Oktober 2023 ein Audit und anschließend einen Aktionsplan gegeben. Eric Dupond-Moretti betonte, dass keine Beschwerden oder Meldungen von Seiten der Gefangenen über die Menge der Mahlzeiten eingegangen seien und dass die Menge der ausgegebenen Nahrung den Anforderungen entspräche.

Die Enthüllungen über die Haftanstalt Tarbes sind ein Weckruf für das gesamte Justizsystem Frankreichs. Die dringenden Empfehlungen der CGLPL und die laufenden Untersuchungen unterstreichen die Notwendigkeit umfassender Reformen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Ereignisse zu nachhaltigen Veränderungen führen und die Rechte der Inhaftierten besser geschützt werden. Denn jeder hat das Recht auf menschenwürdige Bedingungen, selbst hinter Gittern.


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