Tag & Nacht

Am 2. September 2024 besuchte Gabriel Attal, der zurückgetretene aber noch amtierende Premierminister, eine Schule in Issy-les-Moulineaux (Hauts-de-Seine), um mit den Schülern den Schulanfang zu begehen. Dabei wurde er unerwartet von einem Schüler mit einer Frage konfrontiert: „Wissen Sie, wer der neue Premierminister sein wird?“ Gabriel Attal, sichtlich überrascht, antwortete mit einem einfachen „Nein, aber das ist eine echte Frage, die sich viele Franzosen stellen.“

Diese spontane Szene führte zu einigen belustigten Reaktionen im Publikum. In einem anderen Moment fragte Gabriel Attal die Schüler: „Wisst ihr, wer ich bin?“ Ein Schüler aus der 4. Klasse antwortete prompt: „Du bist Gabriel Attal, der ehemalige Premierminister.“ Daraufhin lachte Attal und bemerkte scherzhaft: „Ich sehe, dass du über die politische Lage gut informiert bist.“ Gabriel Attal, der fast acht Monate im Amt war, ist seit 48 Tagen offiziell zurückgetreten.

Währenddessen setzt Präsident Emmanuel Macron seine Konsultationen im Élysée-Palast fort, um den zukünftigen Premierminister zu ernennen. Am Montagmorgen traf er sich mit dem ehemaligen Premierminister Bernard Cazeneuve, dessen Name seit einigen Tagen im Gespräch ist. Weitere Gespräche stehen mit dem Präsidenten der Region Hauts-de-France, Xavier Bertrand, sowie den ehemaligen Präsidenten François Hollande und Nicolas Sarkozy an.


Editorial eines französischen Lehrers: Ein denkwürdiger Schuljahresbeginn

Als Lehrer in Frankreich erlebt man den Schuljahresbeginn stets mit einer Mischung aus Vorfreude und Nervosität. Dieses Jahr jedoch war es eine besonders denkwürdige „Rentrée“, nicht nur wegen der Rückkehr von 12 Millionen Schülern in ihre Klassenzimmer, sondern auch wegen eines unerwarteten Besuchs von Gabriel Attal, unserem Premierminister – oder besser gesagt, unserem ehemaligen Premierminister.

Es ist eigentlich eine alltägliche Szene: Ein hoher Beamter besucht eine Schule, um den Beginn des neuen Schuljahres zu markieren. Doch dieser Besuch unterschied sich von den üblichen routinemäßigen Auftritten. Die Schüler, obwohl sie erst zehn oder elf Jahre alt waren, zeigten eine erstaunliche politische Wachsamkeit. Die Frage eines Schülers, „Wissen Sie, wer der neue Premierminister sein wird?“, mag humorvoll erscheinen, aber sie spiegelt eine tiefere Realität wider. Selbst die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft sind sich der politischen Unsicherheiten bewusst, die Frankreich gerade durchlebt.

Gabriel Attals Reaktion war gleichermaßen menschlich wie bescheiden. „Nein“, antwortete er auf die Frage, „aber das ist eine echte Frage, die sich viele Franzosen stellen.“ Diese Antwort zeigte eine seltene Offenheit, die wir von Politikern nicht immer erwarten. Es war ein Moment der Ehrlichkeit, der sowohl die Ungewissheit seiner eigenen Situation als auch die allgemeine Unruhe im Land widerspiegelte.

Noch bemerkenswerter war die Reaktion eines Schülers, der Attal mit den Worten „Du bist Gabriel Attal, der ehemalige Premierminister“ ansprach. Diese Aussage war nicht nur korrekt, sondern auch ein Hinweis darauf, wie aufmerksam selbst Kinder heutzutage die politische Landschaft verfolgen. Es erinnert uns daran, dass die Schule nicht nur ein Ort des Lernens ist, sondern auch ein Spiegelbild der Gesellschaft, in dem aktuelle Ereignisse und politische Entwicklungen intensiv reflektiert werden.

Als Lehrer frage ich mich oft, wie wir solche Momente nutzen können, um das Bewusstsein unserer Schüler für die Welt um sie herum zu schärfen. Dieser Vorfall ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Politik und Bildung Hand in Hand gehen können. Es ist unsere Aufgabe, diese Neugier und dieses Bewusstsein zu fördern, indem wir Räume schaffen, in denen Fragen gestellt und Diskussionen angeregt werden können.

In einem Land, das in den letzten Jahren viele politische Turbulenzen erlebt hat, ist es beruhigend zu sehen, dass unsere Jugend nicht nur aufmerksam ist, sondern auch bereit ist, ihre Stimme zu erheben. Die „Rentrée“ dieses Jahres wird sicherlich in Erinnerung bleiben – nicht nur wegen des üblichen Trubels des Schulanfangs, sondern auch wegen dieses einzigartigen Moments, in dem die nächste Generation von Bürgern ihr Interesse und ihre Sorge um die Zukunft unseres Landes zum Ausdruck brachte.

Die Herausforderungen, vor denen Frankreich steht, sind zahlreich, aber mit einer so engagierten und aufmerksamen jungen Generation können wir mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Lassen Sie uns diese Gelegenheit nutzen, um sowohl den pädagogischen als auch den bürgerlichen Geist in unseren Klassenzimmern zu stärken. Denn wer weiß – vielleicht sitzt der zukünftige Premierminister bereits auf einer unserer Schulbänke.

Monsieur Claude – Französischlehrer einem französischen Gymnasium

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