Tag & Nacht

Ziel ist es, verschiedene Möglichkeiten zu testen, um die Auswirkungen der fehlenden Schwerkraft zu begrenzen und so zukünftige lange bemannte Raumflüge vorzubereiten.

Zwei Monate lang rund um die Uhr liegen zu bleiben und den Kopf  nur leicht um sechs Grad nach unten zu drehen – das ist die Herausforderung für ein Dutzend Freiwillige in der Weltraumklinik in Toulouse. Alle sind bei sehr guter Gesundheit, eher sportlich und unter 45 Jahre alt. Das 88 Tage dauernde Experiment, von dem 60 Tage im Bett verbracht werden, wird in Zusammenarbeit mit dem Institut für Weltraummedizin und -physiologie (IMPS-Medes) durchgeführt und dient dazu, verschiedene Möglichkeiten zu testen, die negativen Auswirkungen der fehlenden Schwerkraft auf den Organismus zu begrenzen.

Die erste Herausforderung: sich zu ernähren, während man in dieser Position verharrt. „Man muss in der Regel auf der Seite liegend essen“, erklärt Jean-Christophe, einer der Freiwilligen. Eine Schulter muss zwangsläufig die Matratze berühren, es ist also Gymnastik, um nicht alles zu verkleckern.“ Auch beim Trinken muss er wachsam sein. „Die gute Idee ist, mit einem Strohhalm zu trinken“, sagt Jean-Christophe fort.

Auch Aufstehen, um seine Notdurft zu verrichten, kommt nicht in Frage. Die Freiwilligen mussten sich daher einige etwas ungewöhnliche Gewohnheiten aneignen. „Wir legen uns auf eine Duschtrage und verrichten unsere Notdurft in einer Schüssel“, erzählt der Freiwillige Geoffrey und versichert, sich nach einigen Tagen an dieses System gewöhnt zu haben.

Besuche und Ausflüge sind natürlich verboten, aber die Freiwilligen, die seit dem 4. April in ihren Betten liegen, dürfen über soziale Netzwerke kommunizieren und haben ihre Nachmittage damit verbracht, Tennis in Roland-Garros zu schauen. Liegenbleiben bedeutet jedoch nicht, dass man untätig ist. Während der Versuchszeit fährt die Hälfte der freiwilligen pro Tag eine halbe Stunde lang im Liegen Fahrrad.

Jean-Christophe liegt auf seinem Fahrrad, und ist gleichzeitig in einer Zentrifuge, die sich immer schneller dreht. Eine harte Übung für die Freiwilligen, die sich unter den wachsamen Augen der Ärzte der Weltraumklinik in Toulouse verausgaben. In der Mikroschwerelosigkeit neigt alle Flüssigkeit im Körper dazu, in den Oberkörper zufließen. Der Zweck der Zentrifuge besteht darin, diesen Fluss in den Oberkörper abzuschwächen, indem sie die Strömung der Flüssigkeiten nach unten umleitet.

In einigen Monaten soll es klar werden, ob die Zentrifuge die Dauer von Weltraumreisen verlängern kann oder nicht. Der Auftrag für die Studie wurde von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) an die Raumfahrtklinik in Toulouse vergeben, um Reisen zum Mars vorzubereiten. Man muss sich anpassen, betont die Direktorin Marie-Pierre Bareille: „Im Moment dauern die Missionen im Weltraum sechs Monate. Aber wenn es um den Mars geht, sind es Missionen, die viel länger dauern werden“.

Auch die Besatzungen werden viel stärker beansprucht sein, weshalb es laut Marie-Pierre Bareille wichtig ist, sie gut vorzubereiten und Wege zu finden, sie bei guter Gesundheit zu halten. Das Experiment soll ab Herbst mit zwölf weiteren Freiwilligen wiederholt werden.


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