Tag & Nacht


Frankreichs Sommer war kein Totalausfall für die Tourismus-Branche. Denn obwohl viele Einheimische dieses Jahr das Reisen gestrichen oder stark eingeschränkt haben, füllten ausländische Besucher die Lücken. Sie wurden zum rettenden Anker für eine Branche, die einmal mehr zwischen Hoffnung und Krisenmodus pendelt.

Frankreich, das Lieblingskind des globalen Tourismus, zieht jedes Jahr Millionen an. Doch im Sommer 2025 kippte die Bilanz beinahe – bis dann doch die Welt zu Besuch kam.

Frankreichs Urlauber machen schlapp

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 2,5 Millionen Übernachtungen weniger als im Vorjahr. Ein Rückgang von einem Prozent – das mag gering klingen, doch im Tourismus-Sektor zählt jeder Rückgang doppelt.

Hauptursache: Die Franzosen selbst. Oder besser gesagt, ihre knapper gewordenen Reisekassen. Steigende Lebenshaltungskosten, hartnäckige Inflation und ein Wetter, das zum Teil einfach zu heiss war und zum Teil mehr nach April als nach Juli roch – das perfekte Rezept für herhagelte Ferienpläne. Viele entschieden sich, zu Hause zu bleiben oder auf Kurzurlaube in der Nähe umzusteigen.

Was früher selbstverständlich war – ein, zwei Wochen im Süden, Camping mit der Familie oder ein Abstecher an die Atlantikküste – wurde für viele dieses Jahr zum Luxus.

Internationale Gäste, globale Begeisterung

Und doch: Während die Franzosen ihre Ausgaben zusammenstrichen oder mit dem Wetter haderten, zog ein anderer Strom durchs Land. Über 100 Millionen internationale Gäste reisten auch dieses Jahr wieder nach Frankreich.

Allein durch die ausländischen Besucher flossen schätzungsweise über 70 Milliarden Euro in die Kassen. Ein Plus von 12 Prozent gegenüber dem Pandemiejahr 2023 – eine Zahl, die so manchem Hotelier das Herz höherschlagen ließ.

Nordamerikaner, Asiaten, Europäer – sie alle kamen, um Frankreich zu erleben. Die olympischen Spiele von 2024 wirkten immer noch wie ein Magnet, die Sehenswürdigkeiten sind das Bonusprogramm. Louvre, Mont-Saint-Michel, Château de Versailles – kaum ein kulturelles Highlight blieb unbesucht.

Ein Land, viele Realitäten

Doch die positive Gesamtbilanz täuscht über regionale Unterschiede hinweg. Während der Süden – traditionell ein Magnet für französische Familien – unter der Flaute litt, boomten andere Gegenden.

Campingplätze beispielsweise verzeichneten ein leichtes Plus von 0,9 Prozent. Der Grund? Ausländische Gäste, die Frankreichs Naturidylle für sich entdeckten. Auch kleinere Städte und ländliche Regionen profitierten vom touristischen Overflow – wer keine Unterkunft in Paris fand, wich aufs Umland aus.

Das Bild ist also uneinheitlich: Mancherorts leere Strände, anderswo ausgebuchte Pensionen.

Zwischen Boom und Bauchlandung

Die aktuelle Entwicklung wirft eine unbequeme Frage auf: Wie abhängig darf ein Land wie Frankreich vom internationalen Tourismus sein?

Krisen – ob gesundheitlicher, wirtschaftlicher oder geopolitischer Natur – haben in den letzten Jahren gezeigt, wie fragil dieser Markt ist. Wenn Flüge gestrichen werden, Grenzen schließen oder Pandemien ausbrechen, brechen auch die Einnahmen plötzlich weg.

Ein nachhaltigeres Gleichgewicht scheint notwendig. Mehr Angebote für die eigene Bevölkerung, besser abgestimmte Preismodelle, gezielte Förderung von Inlandsreisen – das sind Baustellen, die nicht länger aufgeschoben werden sollten.

Und nicht zuletzt: Eine Debatte über Tourismus jenseits des Massenzustroms. Qualität statt Quantität – auch das ist ein möglicher Weg.

Ein Sommer mit zwei Gesichtern

Frankreich hat Glück gehabt. Noch einmal. Die internationalen Besucher haben die Saison gerettet – zumindest auf dem Papier.

Doch wie lange kann und darf sich das Land darauf verlassen?

Der Sommer 2025 hat mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Doch er hat auch gezeigt: Frankreich bleibt ein Sehnsuchtsort – für Millionen weltweit. Vielleicht liegt genau darin die Kraft, diesen Sektor zukunftsfester zu machen.

Von C. Hatty

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