Tag & Nacht

Die Energiekrise hat Europa stark erschüttert, doch es gibt auch gute Nachrichten: In Frankreich sollen die Strompreise im Jahr 2025 trotz einer geplanten Steuererhöhung sinken. Aber wie passt das zusammen – höhere Steuern und trotzdem niedrigere Preise? Ein genauerer Blick auf den Strommarkt und die Preisgestaltung klärt auf.

Wie setzen sich die Strompreise zusammen?

Die Rechnung für Strom in Frankreich besteht aus zwei wesentlichen Komponenten: dem Großhandelspreis und den Steuern, darunter die „Taxe intérieure sur la consommation finale d’électricité“ (TICFE). Während der Energiekrise, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg, stiegen die Großhandelspreise für Strom erheblich an. Um diese Preissprünge abzufedern, senkte die französische Regierung die Steuern auf Strom drastisch und führte den sogenannten „Bouclier tarifaire“ (Preisstopp) ein.

Mittlerweile haben sich die Großhandelspreise wieder stabilisiert und sind deutlich gesunken. Gleichzeitig wird die TICFE schrittweise wieder angehoben. Die aktuelle Steuer liegt bei 22 Euro pro Megawattstunde (MWh), und der Plan sieht vor, diese wieder auf bis zu 32 Euro oder sogar 35 Euro zu erhöhen – also auf das Niveau von vor der Krise. Doch trotz dieser Steueranhebung sollen die Stromkosten für die meisten Haushalte im Jahr 2025 unter denen von 2023 liegen. Wie geht das?

Die Taktik hinter der Steuererhöhung

Die Regierung von Premierminister Michel Barnier hat eine interessante Strategie entwickelt: Während die TICFE steigt, bleiben die Großhandelspreise für Strom niedrig. Der Kniff besteht darin, die Steuern gerade so weit anzuheben, dass der Gesamtpreis für die Verbraucher immer noch unter dem von 2023 liegt. Konkret soll der Strompreis im Februar 2025 um rund 9 % unter dem Niveau von 2023 liegen. Für den Durchschnittshaushalt bedeutet das eine Einsparung von etwa 100 Euro pro Jahr.

Die Großhandelspreise, die sich durch ein besseres Angebot an Energie und einen stabileren Markt ergeben, schaffen den nötigen Spielraum. Dadurch kann der Staat die Steuereinnahmen erhöhen, ohne dass die Verbraucher eine nennenswerte Belastung spüren – zumindest diejenigen, die den regulierten Tarif nutzen.

Was bedeutet das für die Haushalte?

Die geplante Steuererhöhung auf 32 bis 38 Euro pro Megawattstunde betrifft einen Großteil der französischen Haushalte, nämlich die, die am regulierten Tarif (Tarif réglementé de vente, TRV) angeschlossen sind. Das sind etwa 80 % der französischen Haushalte. Für diese Gruppe verspricht der Staat, dass die Stromkosten tatsächlich sinken werden – und das trotz der Steueranpassung. Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein, oder?

Doch nicht alle profitieren gleichermaßen: Rund 20 % der Haushalte, die Verträge außerhalb des regulierten Tarifs abgeschlossen haben, könnten von der Steuererhöhung stärker betroffen sein. Diese Gruppe zahlt den sogenannten „freien Tarif“, der nicht durch staatliche Vorgaben reguliert ist und daher anfälliger für Preisschwankungen ist. Hier warnt die Ministerin für die ökologische Transition, Agnès Pannier-Runacher, bereits vor möglichen Nachteilen.

Steuererhöhung als Balanceakt

Die zentrale Frage bei der Anpassung der Steuern bleibt: Wo ist die Grenze? Pannier-Runacher betont, dass ein zu starkes Anheben der TICFE das Risiko birgt, insbesondere die einkommensschwächeren Haushalte zu belasten. Der Balanceakt besteht darin, die Steuer auf ein Niveau zu bringen, das den Haushalt des Staates stützt, aber gleichzeitig die Verbraucher nicht überfordert. Für das Jahr 2025 rechnet die Regierung mit zusätzlichen Einnahmen von mindestens drei Milliarden Euro – Geld, das dringend benötigt wird, um das Staatsbudget zu entlasten.

Macht das alles Sinn?

Die Idee, die Steuern zu erhöhen, während die Preise dennoch sinken, mag auf den ersten Blick verwirrend erscheinen – doch das komplexe Zusammenspiel von Großhandelspreisen und Steuern macht es möglich. Der Strommarkt ist komplex, und die Preise werden von vielen Faktoren beeinflusst, einschließlich der Kosten für die Energieerzeugung, der Nachfrage und eben den staatlichen Abgaben.

Für die meisten Haushalte wird der Effekt spürbar sein – und zwar positiv. Eine Senkung der Stromrechnung, auch wenn sie nur moderat ist, kann in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten eine Entlastung bedeuten. Allerdings bleibt die Sorge, dass diejenigen, die außerhalb des regulierten Tarifs liegen, mit höheren Kosten konfrontiert werden.

Ein Blick nach vorn

Die Energiepolitik bleibt ein heißes Eisen in Frankreich. Mit der geplanten Steuererhöhung und den sinkenden Großhandelspreisen versucht die Regierung, einen Weg zu finden, der sowohl den Staatsfinanzen als auch den Bürgern zugutekommt. Ob dieses fragile Gleichgewicht langfristig aufrechterhalten werden kann, bleibt abzuwarten.

Doch für den Moment können viele Haushalte aufatmen: 2025 bringt eine – wenn auch kleine – Entlastung auf ihrer Stromrechnung. Vielleicht ist das ein Lichtblick in einer Zeit, in der die Preise für viele andere Güter des täglichen Lebens weiter steigen.


Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!