Frankreich rüstet sich für einen ungemütlichen Donnerstag. Nach Tagen milder Herbststimmung kündigt sich nun ein kräftiger Wetterumschwung an – mit heftigem Wind, starkem Regen und deutlich sinkenden Temperaturen. Météo-France warnt vor „einem anhaltenden und teils gewaltsamen Sturm über weiten Teilen des Landes“.
Die Böen sollen entlang der Küsten von Ärmelkanal, Atlantik und Mittelmeer Geschwindigkeiten von über 100 km/h erreichen. Im Westen, besonders in der Bretagne, könnten es sogar bis zu 130 km/h werden – Werte, die selbst erfahrene Küstenbewohner aufhorchen lassen.
Schon in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zieht das Sturmtief auf. Ab den frühen Morgenstunden wird es laut Steven Tual, Meteorologe bei Temps breton, an den Nordküsten besonders ruppig. „Zwischen 110 und 130 km/h sind möglich, lokal auch mehr“, erklärt er. Zeitgleich soll England Windspitzen von bis zu 150 km/h erleben – ein Vorgeschmack auf das, was die französische Westküste erwartet.
Doch der Wind ist nicht das einzige Problem. Eine ausgeprägte Kaltfront bringt ergiebige Regenfälle mit sich, die sich von der Provence über das Rhône-Tal bis ins Elsass erstrecken. Innerhalb weniger Stunden werden teils enorme Niederschlagsmengen erwartet. Dazu gesellt sich ein rascher Temperatursturz: Ab der Mittagszeit sinken die Werte landesweit auf unter 15 Grad – einzig die Mittelmeerküste bleibt noch etwas verschont.
Vom Sturm zum Schauerchaos
Mit dem Eintreffen der kalten Luft könnten sich vielerorts kräftige Schauer und Gewitter bilden. „Es besteht die Gefahr von lokalen Wirbelphänomenen – etwa Tromben über dem Meer oder sogar kleinen Tornados“, warnt Tual. Erst Anfang der Woche hatte ein solches Unwetter im Val-d’Oise ein Todesopfer gefordert und neun Menschen verletzt.
Hinter der Kaltfront wird der Himmel am Freitag aufreißen – allerdings nur stellenweise. Der sogenannte „ciel de traîne“, das typische Rückseitenwetter nach einem Sturm, bringt wechselhafte Bedingungen mit sich: Sonne, Wolken, Regenschauer, immer noch lebhafter Wind. Es bleibt also nass und ruppig, doch die ganz großen Sturmböen sollen dann abflauen.
Regen als Segen
So ungemütlich die Aussichten auch klingen – sie haben eine positive Seite. Die intensiven Niederschläge könnten helfen, die enorme Trockenheit der vergangenen Wochen zu lindern. „Eine gute Nachricht für die Feuchtigkeit der Böden, die für die Jahreszeit extrem niedrig ist“, heißt es von Météo-France.
In vielen Regionen waren die Böden Anfang Oktober so ausgedörrt, dass selbst flächendeckender Regen kaum noch versickern konnte. Nun bietet die anhaltend feuchte Witterung eine Chance, das hydrologische Defizit zumindest teilweise auszugleichen. Für Landwirte und Forstbetriebe ist das ein Hoffnungsschimmer – auch wenn die Erntezeit unter den rauen Bedingungen zur Herausforderung wird.
Herbst in Hochform
Der Freitag markiert also keinen Schlussstrich, sondern eher den Auftakt zu einem wechselhaften Witterungsabschnitt. Laut Météo-France dürfte das Wochenende überwiegend nass bleiben. Regen und Schnee – ja, in höheren Lagen kann es den ersten Flocken geben – konzentrieren sich dann auf Alpen, Pyrenäen und das Zentralmassiv. Gleichzeitig sinken die Temperaturen weiter unter die jahreszeitlichen Durchschnittswerte.
Kurzum: Der Herbst zeigt, was er kann.
Nach Wochen ungewöhnlicher Wärme schaltet Frankreich schlagartig um – von goldenem Oktober auf graue, stürmische Realität. Ob es sich dabei nur um ein kurzes Intermezzo oder den Beginn einer länger anhaltenden Westwetterlage handelt, ist noch offen. Sicher ist jedoch: Der Donnerstag wird ein Tag, an dem man besser drinnen bleibt – mit heißem Tee, fest verschlossenen Fenstern und einem wachsamen Blick nach draußen.
Autor: Andreas M. Brucker
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