In Frankreichs Südosten stehen die Zeichen auf Starkregen – mit potenziell heftigen Folgen für Mensch und Infrastruktur. Météo-France hat für die Départements Loire, Ardèche und Rhône die Warnstufe Orange ausgerufen. Der Grund: ein ausgedehntes Tiefdrucksystem über dem Massif Central, das über Nacht massive Regenfälle und Gewitter mit sich bringt.
Ab Mitternacht gilt die Warnung offiziell – und mit ihr steigt die Gefahr von Überschwemmungen und überlasteten Abwassersystemen.
Keine Ausnahme, aber gefährlich
„Nicht außergewöhnlich für die Saison“, heißt es bei den Wetterdiensten. Das klingt beruhigend, soll es wohl auch. Doch beruhigend ist wenig an den Prognosen: Zwischen 50 und 120 Liter Regen könnten innerhalb weniger Stunden pro m2 fallen – je nach Region. Besonders betroffen ist dabei die Cévenne ardéchoise, ein Gebiet, das ohnehin für seine Starkregenanfälligkeit bekannt ist. Auch in der Umgebung von Lyon, im Tal des Gier oder in den Monts du Pilat werden bedenkliche Regenmengen erwartet.
Im Nord-Vivarais, einer ohnehin regenreichen Zone, rechnet man mit Spitzenwerten zwischen 70 und 100 Litern – ebenfalls in weniger als 12 Stunden.
Was bedeutet das konkret? Die Böden sind vielerorts bereits gesättigt, Flüsse führen Hochwasser. Mit den neuen Niederschlägen drohen Hangrutsche, Überschwemmungen von Straßen, über die Ufer tretende Flüsse und kleinere Sturzbäche in Wohngebieten.
Eine gefährliche Mischung: Regen, Sturm, Unachtsamkeit
Meteorologisch betrachtet handelt es sich um eine klassische „épisode méditerranéen“ – also eine Regenlage, bei der feuchte Luftmassen aus dem Mittelmeerraum auf kühlere Luft im Inland treffen. Die Folge: intensive Niederschläge innerhalb kürzester Zeit, lokal eng begrenzt und kaum vorhersehbar in ihrer Wucht.
Solche Lagen sind besonders tückisch, weil sie nicht nur nasse Straßen und volllaufende Keller bedeuten. Sie erhöhen das Unfallrisiko im Straßenverkehr erheblich – und das in einem Gebiet, das verkehrstechnisch stark belastet ist. Die A47 bei Givors beispielsweise, ein neuralgischer Punkt für den Pendlerverkehr zwischen Saint-Étienne und Lyon, wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach bei Starkregen überflutet.
Auch Sturmböen, die mit den Gewittern einhergehen, machen die Situation nicht einfacher. Sie reißen Äste ab, kippen Bäume um und führen in Kombination mit verstopften Gullys schnell zu chaotischen Zuständen auf den Straßen.
Katastrophenschutz ist in Alarmbereitschaft
In den betroffenen Départements wurden die lokalen Krisenstäbe in erhöhte Bereitschaft versetzt. Feuerwehr, Rettungskräfte und Straßendienste haben Notfallpläne aktiviert. Es geht dabei vor allem um präventive Maßnahmen: Absicherung gefährdeter Straßenabschnitte, Kontrolle kritischer Flussläufe und – wo nötig – Evakuierung von besonders betroffenen Siedlungen oder Campingplätzen entlang von Gewässern.
Die Bevölkerung wird eindringlich gebeten, Fahrten möglichst zu vermeiden, Keller zu sichern, lose Gegenstände im Freien zu befestigen – und vor allem: lokale Warnungen und Durchsagen genau zu beachten.
Eine bekannte, unterschätzte Gefahr
Dass solche Wetterlagen unterschätzt werden, ist ein bekanntes Phänomen. Es regnet – na und? Doch die Geschichte lehrt: Gerade in Südfrankreich haben solche „gewöhnlichen“ Regenfälle bereits zahlreiche Menschenleben gekostet. Die Flutkatastrophe im Aude 2018 oder die Sturzfluten im Département Var 2010 sind nur zwei traurige Beispiele für Wetterereignisse, die zunächst harmlos erschienen.
Und genau das ist das Tückische: Der Himmel wirkt nur grau, die Luft feucht. Doch unter der Oberfläche stauen sich Kräfte, die ganze Ortschaften unter Wasser setzen können.
Was tun, wenn man unterwegs ist?
Wer sich in den betroffenen Regionen aufhält, sollte sich vorbereiten. Wetter-Apps mit Warnsystemen, lokale Infosender und regelmäßiger Blick auf die Website von Météo-France gehören zum Pflichtprogramm. Auch Reisende auf der Durchreise – etwa auf dem Weg von Lyon ans Mittelmeer – sollten ihre Route überdenken oder zumindest Alternativen bereithalten.
Eine Frage bleibt: Warum trifft es Frankreichs Südosten immer wieder so heftig? Die Antwort liegt in der Topografie. Das Massif Central, die Alpenausläufer, das Rhonetal – all das wirkt wie eine Wetterscheide, an der sich Tiefdruckgebiete regelrecht festbeißen können.
Und wenn dann das Mittelmeer als Feuchtigkeitsspender ins Spiel kommt, ist der Regen vorprogrammiert.
Autor: C.H.
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