Tag & Nacht




Südkorea steht heute an einem politischen Scheideweg. Die Präsidentschaftswahlen haben begonnen – vor dem Hintergrund monatelanger Unruhen und einem politischen Erdbeben, das das Land erschüttert hat.

Im Dezember rief Präsident Yoon Suk Yeol für kurze Zeit das Kriegsrecht aus – ein Schritt, der große Empörung auslöste. Es folgte seine Absetzung durch ein Amtsenthebungsverfahren. Seitdem gleicht die politische Bühne des Landes einem Minenfeld.

Nun kämpfen zwei Männer um das höchste Amt im Staat: Lee Jae-myung, gemäßigter Vorsitzender der Demokratischen Partei, liegt laut Umfragen vorn. Sein Herausforderer ist Kim Moon-soo von der konservativen People Power Party – jener Partei, die einst Yoon anführte.

Ein Land, das sich selbst hinterfragt

Für viele Wähler geht es bei dieser Wahl um mehr als nur ein neues Gesicht an der Spitze. Es ist eine Volksabstimmung über Yoon Suk Yeol und sein politisches Vermächtnis. Lee Jae-myung spricht offen davon, „den Aufstand zu beenden“ – mit anderen Worten: Yoon und dessen Partei endgültig aus der Politik zu verdrängen.

Kim hingegen hält Yoon die Treue – oder zumindest schafft er es nicht, sich klar von ihm zu distanzieren. Er warnt die Bevölkerung: Wenn Lee gewinnt, werde der – mit der parlamentarischen Mehrheit im Rücken – zum Diktator und rücke Südkorea näher an China und Nordkorea. Die Allianz mit den USA? Angeblich in Gefahr. Lee bezeichnet diese Vorwürfe als „Schmutzkampagne“.

Ein Favorit mit dunklen Schatten

Doch Lee trägt selbst einigen Ballast mit sich herum. Er steht in mehreren Strafverfahren – unter anderem wegen angeblicher Korruption – vor Gericht. Er und seine Anhänger behaupten, die Anklagen seien politisch motiviert, eine Racheaktion der Yoon-Regierung.

Sollte Lee gewinnen, bleibt eine zentrale Frage offen: Dürfen seine Prozesse weitergeführt werden? Die Rechtslage ist unklar – die Verfassungsexperten streiten. Wahrscheinlich wird das Verfassungsgericht entscheiden müssen.

Baustellen über Baustellen

Der künftige Präsident – egal wer – übernimmt ein Land am Limit. Wirtschaftlich dümpelt Südkorea dahin, das Wachstum stagniert. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft weiter auseinander. Und gesellschaftlich? Zerreißproben ohne Ende. Die Generationen stehen sich gegenüber, aber besonders junge Männer und Frauen sind tief gespalten.

Gleichzeitig spitzt sich die geopolitische Lage zu. Nordkorea rüstet auf – nicht nur mit Raketen, sondern nun auch durch eine frische Militärallianz mit Russland. Der neue Präsident wird also nicht nur vor der eigenen Tür fegen müssen, sondern sich auch in der veränderten Weltpolitik positionieren.

Und da ist noch jemand: Donald Trump. Seitdem er wieder im Weißen Haus sitzt, will er, dass Südkorea mehr für die Militärallianz zahlt. Gleichzeitig belegt er südkoreanische Produkte – Autos und Stahl – mit saftigen Zöllen. Eine explosive Mischung, die höchstes diplomatisches Fingerspitzengefühl verlangt.

Netzwerk der Zerstörung: „Operation Spinnennetz“ in Russland

Parallel dazu findet ein Schlagabtausch im Osten Europas statt: Die Ukraine hat am Wochenende mit einer konzertierten Aktion namens „Operation Spinnennetz“ mehrere russische Luftwaffenstützpunkte tief im Landesinneren angegriffen. Drohnen, monatelang vorbereitet und direkt vor den russischen Militärbasen platziert, zerstörten mindestens fünf Flugzeuge – darunter vier strategische Bomber.

Experten sprechen von einem Meilenstein im Ukraine-Krieg – vergleichbar mit dem Untergang des russischen Kriegsschiffs Moskva. Die Botschaft ist klar: Die Ukraine passt sich an, lernt und schlägt zurück.

Ein Funke Hoffnung: Gefangenenaustausch in Istanbul vereinbart

In Istanbul kam es gestern zu einem humanitären Lichtblick: Russland und die Ukraine einigten sich darauf, schwer verletzte und junge Kriegsgefangene auszutauschen und jeweils die Leichen von 6.000 gefallenen Soldaten zu übergeben. Ein Waffenstillstand? Weiter Fehlanzeige. Aber immerhin – ein Schritt in die richtige Richtung.

Hassverbrechen in Colorado: Angriff auf Solidaritätsmarsch

Weiter in die USA: In Boulder, Colorado, wurden Teilnehmer eines Marschs für die israelischen Geiseln in Gaza mit Molotowcocktails attackiert. Acht Menschen mussten ins Krankenhaus. Der mutmaßliche Täter, Mohamed Sabry Soliman, ein ägyptischer Staatsbürger, soll laut Ermittlungen die Tat ein Jahr lang geplant haben.

In Vernehmungen äußerte er Hass gegen „alle Zionisten“ und sprach davon, sie alle töten zu wollen. Er wurde wegen versuchten Mordes in 16 Fällen und weiterer Straftaten angeklagt. Präsident Trump äußerte sich zum Vorfall – lenkte den Fokus dabei jedoch auf Grenzsicherung, nicht auf Antisemitismus. Ob das der passende Moment war?

Weitere Schlagzeilen aus aller Welt

Polen: Der Nationalist Karol Nawrocki gewinnt ganz knapp die Präsidentschaft – ein Zeichen für Europas wachsende Konflikte um Migration, Abtreibung und LGBTQ-Rechte.

Großbritannien: Premierminister Keir Starmer kündigt an, bis zu zwölf neue Unterseeboote zu bauen – eine milliardenschwere Investition in die Rüstung.

Bangladesch: Ein Sondergericht erlässt Haftbefehl gegen Ex-Premierministerin Sheikh Hasina. Grund: Über 1.000 Tote bei Protesten am Ende ihrer Amtszeit.

Zölle: Trump will am Mittwoch die Abgaben auf Stahl und Aluminium auf 50 Prozent anheben – trotz gerichtlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen.

Technologie: Die Investoren an der Wall Street investieren kräftig in KI-Technologie – steht hier schon die nächste Spekulationsblase bevor?

Italien: Der Ätna spuckt wieder Feuer – Touristen auf Sizilien mussten evakuiert werden.

Mode: LVMH holt Jonathan Anderson als Chefdesigner für Dior – er übernimmt alle Linien des Hauses.

Gesundheit: Frauen, die in ihrer Lebensmitte viel Koffein konsumieren, altern laut Langzeitstudie gesünder als andere.

Von Andreas M. Brucker

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