Tag & Nacht


Der Wind nimmt Anlauf – und das kräftig. Ab Donnerstagmorgen stellt sich der Westen Frankreichs auf die volle Wucht der Tempête Benjamin ein. Météo-France hat sieben Départements in Vigilance Orange, also Warnstufe Orange, versetzt. Betroffen sind: Vendée, Charente-Maritime, Gironde, Landes, Pyrénées-Atlantiques, Manche und Seine-Maritime.

Eine Sturmfront zieht auf

Benjamin kommt in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag über den Ärmelkanal – und bringt alles mit, was eine Herbststurmfront ausmacht: orkanartige Böen, heftige Regenfälle und hohe Wellen entlang der Atlantikküste. Laut Météo-France werden Rafales von 100 bis 120 km/h, lokal sogar bis zu 130 km/h, auf den Küsten erwartet. Im Landesinneren müssen sich Bewohner auf Windgeschwindigkeiten zwischen 90 und 110 km/h einstellen.

Das Besondere an dieser Sturmepisode: Neben den Windböen drohen auch Wellen und Küstenüberschwemmungen. Die Départements Gironde, Landes und Pyrénées-Atlantiques stehen zusätzlich unter Vigilance Orange für Wellen-Submersion – ein Begriff, der in Frankreich für die Gefahr von Überflutungen durch Meereswellen steht. Besonders gefährdet sind der Atlantikgürtel und das Bassin d’Arcachon, wo die Kombination aus stürmischem Wind, hoher Tide und Wellengang das Meer auf die Küste drücken könnte.

Früher Start, unklare Entwicklung

Bereits ab 4 Uhr morgens am Donnerstag tritt die Warnstufe in Kraft – zunächst in der Manche, der Gironde und den Landes, ehe sich das Wetterphänomen im Laufe des Vormittags weiter nach Süden und Osten ausbreitet. Schon am Mittwochabend soll Benjamin über der Normandie spürbar werden: Der Wind, ohnehin schon kräftig, legt dann noch einmal zu.

Météo-France schreibt in seinem Bulletin de vigilance, dass die genaue Zugbahn der Tempête Benjamin sowie die Intensität der Böen und Regenfälle noch nicht vollständig vorhersehbar seien. Es sei also möglich, dass die Warnstufe in weiteren Départements ausgerufen werde – „en fonction de l’évolution des prévisions“, also abhängig von der weiteren Entwicklung der Prognosen.

Erinnerungen an frühere Stürme

Solche Herbststürme sind für den Atlantikraum nichts Ungewöhnliches – doch sie bergen immer ein gewisses Risiko. In den letzten Jahren haben Stürme wie Ciaran oder Domingos gezeigt, wie schnell aus stürmischem Wetter ein ernstes Sicherheitsproblem werden kann: umgestürzte Bäume, Stromausfälle, gesperrte Straßen. Die westfranzösischen Regionen, besonders die Departements Landes und Gironde, kennen diese Szenarien allzu gut.

Und doch ist jeder Sturm anders. Benjamin scheint kein Monsterorkan zu sein, aber ein ernstzunehmendes Tiefdrucksystem, das binnen weniger Stunden kräftig an Fahrt aufnimmt.

Was nun auf die Bewohner zukommt

Anwohner entlang der Küste werden gebeten, Lose Gegenstände zu sichern, Boote festzumachen und Küstenbereiche zu meiden, sobald die Warnstufe aktiv ist. Auch Autofahrten in bewaldeten Regionen sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Der Wind, so Météo-France, könne Äste oder ganze Bäume brechen – eine Gefahr, die mit jeder zusätzlichen Windböe steigt.

Für Touristen, die an der Atlantikküste verweilen, gilt: Spaziergänge am Strand sind in den kommenden Tagen keine gute Idee. Wellenhöhen von mehreren Metern und Rückströmungen könnten schnell zur Falle werden.

Ein Sturm mit Fragezeichen

Wie stark Benjamin tatsächlich wüten wird, bleibt noch unklar. Météo-France spricht von einer „dynamischen Situation“, bei der sich Windgeschwindigkeiten und Niederschlagsintensität binnen Stunden ändern können. Doch die Modelle sind sich einig: Die Nacht auf Donnerstag dürfte unruhig werden – und der Donnerstag selbst erst recht.

Vielleicht ist es nur ein weiterer Sturm im langen französischen Herbst. Vielleicht aber auch einer dieser Tage, an denen das Land wieder einmal spürt, wie unberechenbar das Meer sein kann.

Autor: Andreas M. Brucker

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