In einem Pariser Fitnessstudio im 11. Arrondissement kam es am 14. April 2025 zu einem tragischen Unfall, der nicht nur ein Menschenleben forderte, sondern auch viele Fragen zur Sicherheit moderner Wellness-Trends aufwirft. Eine 29-jährige Mitarbeiterin starb durch eine Stickstoffvergiftung – verursacht durch eine undichte Stelle an einem Cryotherapiegerät. Eine Kundin, 34 Jahre alt, schwebt nach wie vor in Lebensgefahr.
Ein Routineeingriff mit fatalen Folgen: Offenbar war das Gerät nach Wartungsarbeiten undicht geworden. Die cryogenen Tanks, gefüllt mit flüssigem Stickstoff, gaben unbemerkt Gas ab. Der geruchlose Stickstoff verdrängte den Sauerstoff in der Umgebungsluft – mit tödlicher Konsequenz.
Kälte, die heilen soll – aber zu töten vermag
Cryotherapie, also die Anwendung extremer Kälte, hat sich in den letzten Jahren vom Spitzensport in die Welt des Mainstreams geschlichen. Ob für Muskelregeneration, Schmerzlinderung bei Arthrose oder als Lifestyle-Erlebnis – die Frostbehandlung bei Temperaturen unter –110 Grad Celsius gilt als Wunderwaffe gegen allerlei Wehwehchen.
Doch wie so oft, wenn sich medizinische Verfahren ohne ausreichende Regulierung kommerzialisieren, hinkt die Sicherheit hinterher. Wer denkt bei einem coolen Wellness-Termin schon daran, dass ein unsichtbares Gas zur tödlichen Falle werden kann?
Unsichtbare Gefahr: Stickstoff in geschlossenen Räumen
In der Cryotherapie wird flüssiger Stickstoff eingesetzt, um die Kabine blitzschnell auf Eistemperaturen zu bringen. Dabei verdampft der Stickstoff und kühlt die Luft ab – ein technisch aufwendiger Prozess, bei dem es auf jedes Detail ankommt. Kommt es zu Lecks oder Fehlern in der Anlage, verdrängt der entweichende Stickstoff den Sauerstoff im Raum.
Und genau das ist das Problem: Das Gas ist weder sichtbar noch riechbar. In einem schlecht belüfteten Raum kann man binnen Sekunden das Bewusstsein verlieren – und wenn niemand schnell genug reagiert, endet das tödlich.
Rechtlicher Rahmen und laxe Umsetzung
Die Cryotherapie ist in Frankreich eigentlich streng reguliert. Ohne medizinische Aufsicht darf sie offiziell gar nicht angeboten werden – das hat sogar die Cour de cassation, das höchste französische Gericht, bestätigt. Doch in der Praxis sieht es oft anders aus: Immer mehr Fitnessstudios und Wellnesszentren bieten Cryobehandlungen an, ohne dass ein Arzt vor Ort ist. Und viele Kundinnen und Kunden wissen gar nicht, dass es sich streng genommen um einen medizinischen Eingriff handelt.
Auch die Wartung der Geräte scheint nicht überall fachgerecht zu erfolgen. Im Fall des Pariser Studios fanden die Wartungsarbeiten noch am selben Tag statt – Stunden später kam es zum tödlichen Unglück. Ein Zufall? Kaum.
Die Justiz ermittelt – aber reicht das?
Die Pariser Staatsanwaltschaft hat sofort eine Untersuchung eingeleitet. Das Kommissariat des 11. Arrondissements arbeitet gemeinsam mit der Arbeitsinspektion an der Aufklärung. Eine Autopsie und toxikologische Untersuchungen wurden bereits angeordnet. Es gilt herauszufinden, ob es Versäumnisse bei der Wartung gab oder ob die Sicherheitsvorschriften fahrlässig missachtet wurden.
Doch selbst wenn Schuldige gefunden werden – was ändert das am System? Müssen wirklich Menschen sterben, bevor Wellnessanbieter zur Verantwortung gezogen werden?
Eine Branche auf dem Prüfstand
Der Vorfall zeigt eindringlich, wie dringend ein klarer rechtlicher Rahmen und strenge Kontrollen notwendig sind. Es reicht nicht, mit schönen Werbeversprechen und stylischen Kabinen zu locken. Die Betreiber müssen technisch geschult sein – nicht nur im Marketing, sondern vor allem in der Sicherheitstechnik. Die Kundschaft wiederum sollte besser aufgeklärt werden, worauf sie sich da einlässt.
Denn eines ist klar: Solche Unfälle lassen sich verhindern. Mit mehr Wissen, mehr Kontrolle – und etwas weniger Gier nach dem nächsten Trend.
Was bleibt, ist ein bitterer Nachgeschmack. Cryotherapie mag wohltuend sein – aber sie ist kein harmloses Spa-Erlebnis. Wer sie anbietet, trägt eine enorme Verantwortung. Und wer sie nutzt, sollte nicht blind ins Eis stürzen, sondern sich vorher gut informieren.
Denn zwischen heilsamer Kälte und eisiger Katastrophe liegt manchmal nur ein Wimpernschlag.
Von C. Hatty
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