Die Fenster klirren, der Himmel färbt sich schwarz wie Kohle, und dann bricht die Hölle los. Bäume knicken wie Zahnstocher, Dächer werden abgedeckt, als wären sie aus Pappe. Und was machen wir? Scrollen weiter. Gähnen. Nehmen’s hin.
Das ist gefährlich – tödlich gefährlich.
Denn was hier passiert, sind keine „Launen der Natur“. Es sind Warnschüsse. Unüberhörbar. Und doch tun viele so, als sei das alles irgendwie normal geworden. Als gehöre es halt jetzt dazu, dass in Südfrankreich extreme Gewitter sogar die Rentrée durcheinander bringen.
Leute – wacht auf!
Wir dürfen uns niemals, wirklich niemals, an Extremwetter gewöhnen. Gewöhnung ist der erste Schritt zur Kapitulation. Wenn wir anfangen, zerstörerische Stürme als „neue Normalität“ zu akzeptieren, dann haben wir schon verloren. Dann haben wir den Klimawandel einfach stillschweigend als Schicksal akzeptiert – anstatt ihn zu bekämpfen.
Tornados in Frankreich? Früher war das eine Nachricht wert. Heute ist’s bald nur noch eine Push-Meldung.
Was ist eigentlich nicht in Ordnung mit uns? Seit wann ist Gleichgültigkeit eine Überlebensstrategie? Es gibt keine Gewöhnung an zerstörte Existenzen, an die Angst vor dem nächsten Starkregen, an unterspülte Straßen und explodierende Versicherungsprämien. Das ist kein Wetterphänomen – das ist politisches und gesellschaftliches Versagen auf offener Bühne.
Und ja, das muss auch mal raus:
Diese Gewitter und Tornados sind nicht nur Meteorologie. Sie sind ein moralischer Bankrott.
Denn wir wissen es besser. Seit Jahrzehnten. Aber anstatt beherzt gegenzusteuern, verpulvern wir unsere Zeit mit Scheindebatten. Sollen wir ein Tempolimit jetzt einführen oder später? Wollen wir wirklich Kohlekraft abschalten, wenn doch der Strom daraus so günstig ist? Und das ewige: „Aber China!“ – als ob andere Länder unsere Ausreden rechtfertigen würden.
Willkommen in der großen Illusion der Bequemlichkeit.
Die Wahrheit ist hart. Und unbequem. Und unüberhörbar.
Die Extremwetter der vergangenen Tage und Wochen zeigen uns, dass das Klima nicht verhandelt. Es reagiert. Und zwar auf unser kollektives Zögern, auf unsere Gier, auf unsere Rücksichtslosigkeit gegenüber kommenden Generationen. Wer heute noch glaubt, wir könnten so weitermachen wie bisher, der hat entweder zu viel Geld, zu wenig Vorstellungskraft oder schlicht kein Gewissen.
Was braucht es denn noch, damit wir aufwachen? Ganze Dörfer, die verschwinden? Menschen, die nicht mehr versichert werden, weil kein Unternehmen mehr das Risiko trägt? Oder dass irgendwann niemand mehr in Teilen Frankreichs ein Haus bauen will, weil Wetterprognosen dort wie Horrorfilme klingen?
Stattdessen: Schulterzucken. Wetter ist eben verrückt.
Nein. Der Klimawandel ist kein Naturereignis. Er ist menschengemacht. Und ja – wir sind damit gemeint. Politik, Industrie, Wirtschaft, Wähler – alle. Jeder Einzelne trägt Verantwortung. Und Verantwortung heißt: handeln, nicht verdrängen. Verändern, nicht schönreden.
Und jetzt?
Wir brauchen keine neuen Studien, wir brauchen keine Appelle mehr. Was wir brauchen, sind Entscheidungen. Radikal, klar, unmissverständlich. Fossile Energien gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Subventionen für zerstörerisches Wirtschaften müssen weg. Sofort.
Wer heute noch Investitionen in fossile Projekte genehmigt, der ist nicht nur Teil des Problems – der ist das Problem.
Und an alle, die jetzt sagen: „Aber das bringt doch nichts, wenn wir das alleine machen“ – mal ehrlich: Was ist das für eine Moral? Wenn dein Nachbar sein Haus abbrennen lässt, machst du dein eigenes dann auch kaputt? Oder löscht du wenigstens deins?
Wir haben keine Zeit mehr für halbe Sachen.
Wir brauchen Mut. Und wir brauchen eine neue gesellschaftliche Ehrlichkeit. Wir haben Mist gebaut – und wir müssen ihn aufräumen. Punkt.
Tornados in Frankreich sind kein Wetterproblem. Sie sind ein Weckruf. Und wir haben verdammt viele Wecker überhört.
Ein Kommentar von Andreas M. Brucker
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