Tag & Nacht

Donald Trump sorgt mal wieder für Wirbel – diesmal mit einer scharfen Attacke auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und entsprechenden Lügen. In einem kurzen, aber heftigen Post auf seinem sozialen Netzwerk bezeichnete er ihn als „Diktator“. Der Grund? Die Verschiebung der ukrainischen Präsidentschaftswahlen aufgrund des Krieges mit Russland. Doch Trump geht noch weiter: Er stellt infrage, wer den Krieg überhaupt begonnen hat, und behauptet, dass Selenskyj in seinem eigenen Land extrem unbeliebt sei.

Für viele Ukrainer ist das ein Schlag ins Gesicht.

„Das ist einfach inakzeptabel!“

In Kiew sorgt die Aussage für Empörung. Olga, eine Einwohnerin der Hauptstadt, ringt um Worte: „Ich bin wütend, wirklich wütend! Das ist eine inakzeptable Haltung gegenüber unserem Präsidenten.“ Sie kann nicht fassen, dass diese Worte aus den USA kommen – dem Land, das sich selbst als Vorbild für Demokratie darstellt.

Ihr Mann, Wassyl, sieht das ähnlich. Ursprünglich aus Mariupol, einer mittlerweile von Russland besetzten Stadt, sagt er: „Natürlich haben wir auch Kritik an Selenskyj. Aber die werden wir nach dem Krieg äußern. Bis dahin ist er unser legitimer Präsident.“

Und damit steht er nicht allein. Viele Ukrainer erinnern daran, dass es nicht Selenskyj war, der den Krieg begonnen hat – sondern Wladimir Putin. Außerdem sei das Aussetzen der Wahlen keinesfalls willkürlich. Wassyl sagt es kurz und deutlich: „Es steht in unserer Verfassung: Keine Wahlen während eines Krieges!“

Trumps Worte – ein Geschenk für den Kreml?

Auf den Straßen und in den sozialen Netzwerken sehen viele Ukrainer Trumps Äußerungen als einen Versuch, ihr Land zu destabilisieren. Denn mit seinen Behauptungen über Selenskyjs angebliche Unbeliebtheit und den Vorwurf der Diktatur übernimmt der ehemalige US-Präsident Wort für Wort die Argumente des Kremls.

Roman, ein weiterer Kiewer, bringt es auf den Punkt: „Wir hatten sechs verschiedene Präsidenten in 30 Jahren. Russland hat seit über 20 Jahren denselben. Und uns nennt man Diktatoren?“

Seine Worte zeigen den tiefen Frust über die Doppelmoral, die viele Ukrainer – und nicht nur die – in Trumps Aussage sehen. Roman selbst sagt, dass ihn solche Worte kaum noch berühren – seit ein russischer Raketenangriff sein Zuhause getroffen hat, ist seine Sicht auf die Welt eine andere.

Doch was steckt hinter Trumps Angriff?

Profilierung auf Kosten der Ukraine

Trump ist für kontroverse Aussagen bekannt, das überrascht niemanden mehr. Doch sein aktueller Angriff auf Selenskyj kommt nicht aus dem Nichts. Der US-Präsident hat Wahlversprechungen einzuhalten, und Trump muss seine Basis bei Laune halten. Besonders unter Republikanern wächst die Skepsis gegenüber weiterer Unterstützung für die Ukraine – ein Trend, den Trump geschickt für sich nutzt.

Ein schwacher, korrupter oder gar „diktatorischer“ Selenskyj? Das passt perfekt in das Narrativ jener, die sich gegen neue Hilfspakete für Kiew stellen. Dass dabei russische Propaganda-Argumente übernommen werden, scheint für Trump nur ein Nebeneffekt zu sein.

Das große Fragezeichen: Wie geht es weiter?

Für die Ukraine ist Trumps Tonfall beunruhigend. Kiew sieht sich vor einem massiven Kurswechsel in der US-Politik. Klar ist inzwischen, eine zweite Trump-Präsidentschaft bedeutet: Weniger Unterstützung, mehr Druck auf Verhandlungen mit Russland – selbst zu ukrainischen Ungunsten.

Für Olga, Wassyl und Roman bedeutet das vor allem eines: Unsicherheit. Die Ukraine kämpft nicht nur gegen russische Truppen, sondern auch um die Unterstützung des Westens. Und wenn nun die USA beginnen, sich Russland zuzuwenden, dann wird es für Kiew noch schwerer.

Doch die Ukrainer haben bereits bewiesen, dass sie kämpfen können – nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch gegen politische Stürme. Und auch dieser neueste Sturm aus Washington wird sie nicht so leicht aus der Bahn werfen.

Von C. Hatty

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