Seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus verfolgt US-Präsident Donald Trump eine entschlossene Strategie zur Beendigung des Ukraine-Krieges. Sein Ansatz, geprägt von bilateralen Verhandlungen mit Russland und der Marginalisierung europäischer Partner, wirft Fragen nach den langfristigen Auswirkungen auf die geopolitische Stabilität Europas und die Souveränität der Ukraine auf.
Trump hat mehrfach betont, dass er der einzige sei, der den Konflikt lösen könne, und strebt eine rasche Friedenslösung an, die primär amerikanischen Interessen dient. Dabei scheint er bereit zu sein, die Anliegen europäischer Verbündeter und sogar der Ukraine selbst hintanzustellen. Ein zentraler Bestandteil seines Plans ist die Wiederaufnahme direkter Gespräche mit Russland, einschließlich eines möglichen Treffens mit Präsident Wladimir Putin – das erste bilaterale Gipfeltreffen seit 2021.
Europäische Reaktionen und die Rolle der NATO
Die europäische Gemeinschaft zeigt sich besorgt über Trumps Alleingänge. NATO-Generalsekretär Mark Rutte lobte zwar Trumps Führungsrolle bei der Friedenssuche, kritisierte jedoch die europäischen Staaten für ihre passive Haltung und forderte sie auf, konkrete Vorschläge zu unterbreiten, anstatt lediglich zu klagen. Rutte betonte die Notwendigkeit einer aktiven europäischen Beteiligung an der Friedenssicherung und mahnte, dass Europa aufhören müsse zu jammern und stattdessen handeln solle.
Die Exklusion Europas aus den Verhandlungen hat in EU-Hauptstädten Alarm ausgelöst. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron berief eine Dringlichkeitssitzung europäischer Führer ein, um eine gemeinsame Position zu erarbeiten und die europäische Verteidigungspolitik zu stärken. Die Sorge wächst, dass ein von den USA und Russland ausgehandelter Frieden europäische Sicherheitsinteressen untergraben könnte.
Die ukrainische Perspektive
Für die Ukraine sind die Entwicklungen besonders beunruhigend. Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte in Gesprächen mit US-Vizepräsident JD Vance die Notwendigkeit eines „echten und garantierten“ Friedens und äußerte Dankbarkeit für die amerikanische Unterstützung. Gleichzeitig besteht in Kiew die Befürchtung, dass die USA Zugeständnisse machen könnten, die die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine gefährden.
Ein weiterer strittiger Punkt ist die mögliche Neutralität der Ukraine und der Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft – Forderungen, die Russland seit langem erhebt. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth erklärte, dass Washington zwar die territoriale Unversehrtheit der Ukraine unterstütze, aber eine realpolitische Lösung erforderlich sei. Trump selbst hat wiederholt angedeutet, dass er bereit sei, russische Gebietsansprüche anzuerkennen, sofern dies einen raschen Frieden ermögliche.
Europas mögliche Rolle nach dem Frieden
Ein zentraler Punkt in Trumps Plan ist die Frage der Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einem Waffenstillstand. Anders als frühere US-Regierungen scheint Trump nicht gewillt, langfristige amerikanische Schutzversprechen abzugeben. Vielmehr setzt er darauf, dass europäische Staaten eine größere Rolle in der Nachkriegsordnung übernehmen.
Ein diplomatischer Fragebogen, der an europäische Hauptstädte verschickt wurde, enthielt Fragen zur Bereitschaft, Truppen in die Ukraine zu entsenden, um eine Friedensregelung zu sichern. Dieser Schritt wird von vielen als Test für die europäische Entschlossenheit gesehen. Gleichzeitig deutet er darauf hin, dass Trump die europäischen Verbündeten vor eine Wahl stellt: Entweder sie übernehmen mehr Verantwortung oder sie verlieren an Einfluss in der Region.
Ob Trumps Plan zur Beendigung des Ukraine-Krieges umsetzbar ist, bleibt fraglich. Während er mit einer starken Verhandlungsposition gegenüber Russland auftreten will, bleibt unklar, ob Kiew und die europäischen Partner seine Bedingungen akzeptieren werden. Die nächsten Monate dürften zeigen, ob seine Strategie einen echten Friedensprozess einleitet oder nur eine geopolitische Neuausrichtung zugunsten Washingtons darstellt.
Von Andreas Brucker
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