Wenn ein US-Präsident laut „America First“ ruft und dabei mit der Zollkeule um sich schlägt, bleibt das in Europa nicht ohne Echo. Donald Trump hat es mal wieder getan – Strafzölle eingeführt, Importe verteuert, die Muskeln spielen lassen. Für viele mag das wie ein Déjà-vu wirken, doch diesmal hat es vor allem die Europäer im Visier, allen voran Frankreich. Und dort stellt sich nun die Frage: Sollen wir wirtschaftlichen Patriotismus als Antwort wählen?
Wer austeilt, muss mit Gegenwind rechnen
Donald Trumps neueste Entscheidung: saftige Zölle auf Importe. Zehn Prozent pauschal – für die EU sogar zwanzig. Eine Ansage. Die französische Regierung reagierte empört, scharf – und ungewohnt geschlossen. Kein Wunder, denn die Maßnahme trifft nicht nur Wirtschaftsgrößen und Exportchampions, sondern auch viele kleine und mittlere Unternehmen, die mit viel Mühe internationale Märkte erobert haben.
Der Ton in Paris ist plötzlich ein anderer. Worte wie „Souveränität“, „Selbstschutz“ und „Heimatmarkt“ machen die Runde. Präsident Macron spricht offen davon, Investitionen in den USA zu überdenken. Unternehmen werden indirekt ermutigt, neue Fabriken lieber im eigenen Land zu errichten als in den Vereinigten Staaten. Und zack – da ist er wieder, der wirtschaftliche Patriotismus.
Nur ein modischer Reflex oder langfristige Strategie?
Wirtschaftlicher Patriotismus klingt irgendwie schön, nicht wahr? Fast wie ein sonntägliches Bekenntnis zur Heimat. Doch was bedeutet das eigentlich konkret? Unternehmen sollen verstärkt lokal produzieren, Arbeitsplätze vor Ort schaffen, auf Importe verzichten, wann immer es möglich ist – vor allem aus Ländern, die sich nicht gerade als faire Partner verhalten.
Aber Hand aufs Herz: Ist das in der Realität überhaupt umsetzbar? In einer Welt, in der Lieferketten oft über drei Kontinente reichen, Rohstoffe aus einem Dutzend Ländern kommen und Produkte global verkauft werden? Da ist wirtschaftlicher Patriotismus schnell mehr Ideal als Instrument.
Protektionismus 2.0 oder selbstbewusste Wirtschaftspolitik?
Natürlich ist es verständlich, dass Frankreich nicht tatenlos zusehen will, wie ein wichtiger Handelspartner seine Märkte abschottet. Die Idee, auf eigene Stärke zu setzen, ist verführerisch. Doch wie so oft liegt der Teufel im Detail.
Ein übertriebener Rückzug ins Nationale kann gefährlich sein. Wer Mauern hochzieht, isoliert sich – wirtschaftlich, politisch, kulturell. Und das genau in einem Moment, in dem Europa eigentlich enger zusammenrücken müsste. Der Ruf nach wirtschaftlichem Patriotismus darf deshalb nicht mit einem modernen Protektionismus verwechselt werden.
Unternehmen zwischen zwei Welten
Für die französischen Unternehmen wird die Lage nun besonders knifflig. Auf der einen Seite stehen die Anreize, sich dem nationalen Schulterschluss anzuschließen – mit dem Versprechen von politischer Rückendeckung, Subventionen oder steuerlichen Vorteilen. Auf der anderen Seite locken die USA mit einem riesigen Markt, Innovationskraft und bekannten Marken. Was also tun?
Manche Firmen dürften den patriotischen Appell der Politik mit einem verständnisvollen Nicken quittieren – und dann doch pragmatisch entscheiden. Denn am Ende zählt der wirtschaftliche Erfolg. Andere hingegen werden die Chance nutzen, ihre Produktion wirklich nach Frankreich zurückzuholen – in der Hoffnung, damit auch Vertrauen und Kundenloyalität zu gewinnen.
Braucht Frankreich ein neues wirtschaftliches Narrativ?
Vielleicht ist es genau das, was aus dieser Krise entstehen kann – ein neues Selbstverständnis. Ein wirtschaftlicher Patriotismus, der nicht auf Abschottung setzt, sondern auf Qualität, Nachhaltigkeit und regionale Stärke. Einer, der sagt: „Wir können global denken und gleichzeitig lokal handeln.“
Denn klar ist auch: Eine solche Haltung funktioniert nur, wenn sie von echter Innovation, attraktiven Rahmenbedingungen und einem wachen Blick auf die Welt begleitet wird. Wer französischen Firmen sagt, sie sollen auf Exporte verzichten oder keine US-Werke mehr bauen, muss ihnen auch Alternativen bieten.
Ein Weckruf, kein Rückschritt
Die Trumpschen Zölle mögen kurzfristig wie ein Schock wirken – doch sie sind auch ein Weckruf. Für Frankreich. Für Europa. Für all jene, die den freien Handel für selbstverständlich hielten. Es ist Zeit, neue Wege zu denken. Nicht naiv, aber selbstbewusst. Nicht blind patriotisch, sondern klug lokal verwurzelt.
Denn in einer Welt voller Handelskonflikte, geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten gilt: Wer sich nicht bewegt, wird bewegt. Und manchmal ist wirtschaftlicher Patriotismus gar kein Rückschritt – sondern eine Einladung, das Fundament neu zu gießen.
Catherine H.
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