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Die vom IStGH eingeleiteten Ermittlungen werden vor Ort mit Unterstützung Europas und insbesondere französischer Behörden durchgeführt. Paris hat Gerichtsmediziner und Gendarmen in die Ukraine entsandt und die finanzielle Unterstützung verstärkt.

Das Massaker von Butscha wirkte wie ein Auslöser. Nachdem Anfang April in der Kiewer Vorstadt mehrere hundert Leichen gefunden worden waren, wandten sich 43 Länder, darunter Frankreich, direkt an den Internationalen Strafgerichtshof und leiteten eine gigantische Aktion der justiziellen Zusammenarbeit ein. Der Ankläger des IStGH hatte bereits einen Monat zuvor angekündigt, eine Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen in der Ukraine einzuleiten.

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Die Mobilisierung der Staaten wirkte wie ein Beschleuniger, erklärt François Alabrune, Direktor für Rechtsangelegenheiten im Außenministerium, gegenüber Franceinfo: „Dadurch konnte der Ankläger sofort mit den Ermittlungen beginnen… Das ermöglichte es, sehr schnell materielle Beweise und Zeugenaussagen zu sammeln, bevor sie verschwinden.“

Vor Ort in der Ukraine ist das französische Team seit Wochen bei der Arbeit, zwei Gerichtsmediziner und etwa 15 Gendarmen ermitteln im Dienste der internationalen Justiz. Paris koordiniert die Ermittler der Europäischen Union über die Einrichtung „Eurojust“. Dieses System ermöglicht den Austausch, die Zusammenlegung und die Zentralisierung von Daten direkt zwischen Gerichten und Ermittlern. Eurojust wird von einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe geleitet, die alle Informationen an den IStGH weiterleitet.

Die Unterstützung ist auch finanzieller Art. Frankreich stockte die 13 Millionen Euro, mit denen es den IStGH bereits unterstützt, um 500.000 Euro auf. einer Bitte des Anklägers Karim Khan in Den Haag folgend. Noch nie zuvor war der IStGH mit einer so umfangreichen Untersuchung beauftragt worden, erklärt Luis Vassy, französischer Botschafter in den Niederlanden: „Ein Teil dieser Gelder muss in die Modernisierung einer Reihe von Datenverwaltungsinstrumenten fließen. Methodologien, um Zeugenaussagen zu analysieren und dann zu archivieren. Ausserdem soll die Bildanalyse verbessert werden, bei der der Einsatz von künstlicher Intelligenz hilfreich ist. Angesichts des Ausmaßes der begangenen Verbrechen und der Anzahl der zu sammelnden Zeugenaussagen wird das ein wichtiges Element sein.“

Alle diese Elemente sind wichtig, damit der Ankläger ein lückenloses Verfahren einleiten kann. Denn der Internationale Strafgerichtshof urteilt nicht über Staaten, sondern über Personen und sein Ziel ist es nicht nur zu beweisen, dass tatsächlich Kriegsverbrechen begangen wurden, sondern individuelle Verantwortungsketten aufzubauen: „Zu wissen, dass man eines Tages für die schweren internationalen Verbrechen, die man persönlich begangen hat, zur Rechenschaft gezogen werden kann, soll eine abschreckende Wirkung auf denjenigen haben, der diese Verbrechen begeht oder sie anordnet.“

Die Gewissheit, dass es keine Straflosigkeit geben wird ist ein wichtiges Instrument in dem Versuch, Kriege und Kriegsverbrechen zu verhindern.


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