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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigt sich entschlossen, vor möglichen Verhandlungen mit Russland zunächst einen Friedensplan mit Donald Trump zu erörtern. Dabei setzt er auf die „Unberechenbarkeit“ des künftigen US-Präsidenten, die seiner Meinung nach das Potenzial hat, den drei Jahre andauernden Konflikt zu beenden.


Trump als Schlüsselfigur für den Frieden

In einem Interview mit dem amerikanischen Podcaster Lex Fridman, das Ende Dezember in Kiew aufgezeichnet und am 5. Januar ausgestrahlt wurde, betonte Selenskyj die zentrale Rolle Trumps: „Zuerst stimmen wir uns mit ihm ab – wie wir den Krieg beenden und Putin stoppen können.“ Ein überraschender Plan? Vielleicht. Aber der ukrainische Präsident scheint überzeugt, dass Trumps Einfluss entscheidend sein könnte.

Besonders hebt Selenskyj hervor, dass Trumps Dialogfähigkeit mit europäischen Partnern eine wesentliche Rolle spielen würde. „Trump und ich werden uns einigen – und ich bin sicher, dass er gemeinsam mit Europa starke Sicherheitsgarantien bieten kann. Dann können wir mit den Russen sprechen“, erklärte er.


Ein Präsident mit globaler Strahlkraft

Selenskyj schätzt an Trump vor allem dessen Einfluss auf die internationale Bühne. „Wenn ich mit Trump spreche, sei es persönlich oder am Telefon, fragen mich alle europäischen Führer: ‚Wie ist es gelaufen?'“, erzählt er. Eine solche Aufmerksamkeit habe er bei keinem anderen US-Präsidenten erlebt. Und das scheint Vertrauen zu wecken: „Das gibt dir das Gefühl, dass er in der Lage sein könnte, diesen Krieg zu beenden.“

Doch könnte Trumps „Unberechenbarkeit“, die viele Beobachter eher kritisch sehen, tatsächlich ein Vorteil sein? Selenskyj scheint daran zu glauben – und nimmt dafür die Hoffnung der ukrainischen Bevölkerung mit ins Boot.


Ein riskanter Plan?

Der Optimismus in Kiew geht allerdings mit einer gewissen Skepsis einher. Trump, der Kamala Harris in den Wahlen besiegt hat und am 20. Januar sein Amt antritt, hat in der Vergangenheit mehrfach den finanziellen und militärischen Beistand für die Ukraine infrage gestellt. Selenskyj weiß um dieses Risiko, scheint aber zu spekulieren, dass Trumps Strategie „Frieden durch Stärke“ der Ukraine zugutekommen könnte.

„Ich liebe Trumps Botschaft“, so der Präsident. „Wir teilen die Idee, dass Frieden nur durch Stärke möglich ist – und das ist sehr wichtig.“


Die Uhr tickt

Während die Ukraine in ihr viertes Kriegsjahr eintritt, hofft Selenskyj auf starke Entscheidungen seitens der neuen US-Regierung. Doch der politische Balanceakt ist nicht zu übersehen: Die Aussicht auf konkrete Sicherheitsgarantien steht der Sorge gegenüber, dass Trump die amerikanische Unterstützung zurückfahren könnte.

Für Selenskyj, der sich stark auf internationale Partnerschaften stützt, könnte dies ein Wendepunkt sein – zum Guten oder Schlechten. Wird Trump ein verlässlicher Partner sein, der die Ukraine unterstützt, oder wird er seine „America First“-Politik durchsetzen und die Ukraine mehr oder weniger sich selbst überlassen?


Ein Gespräch, das die Weichen stellen könnte

Selenskyjs Plan, Trump in die Friedensverhandlungen einzubinden, birgt Chancen – und Risiken. Es bleibt abzuwarten, ob der ehemalige und zukünftige US-Präsident tatsächlich die Hebel in Bewegung setzen kann, die nötig sind, um den Konflikt zu beenden. Was sicher ist: Der ukrainische Präsident sieht in Trump einen außergewöhnlichen Akteur, dessen Unvorhersehbarkeit möglicherweise genau das ist, was die festgefahrene Situation aufbrechen könnte.

Doch reicht das? Die Welt wird genau hinsehen, wenn diese Gespräche stattfinden – und die Zeit drängt. Denn jeder weitere Tag des Krieges bedeutet Leid und Zerstörung für die Ukraine.


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