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Am 29. November 1947 schrieb die internationale Gemeinschaft Geschichte: Die UN-Generalversammlung verabschiedete die Resolution 181, die die Teilung des britischen Mandatsgebiets Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat vorsah. Diese Entscheidung stellte das Fundament für einen der komplexesten und am längsten andauernden Konflikte des 20. und 21. Jahrhunderts – den Nahostkonflikt. Die Wurzeln dieser Resolution sind tief in der politischen Landschaft der damaligen Zeit verankert und ihre Folgen wirken bis heute nach.

Doch was genau führte zu dieser historischen Entscheidung, und warum ist sie auch heute noch so umstritten? Ein Blick zurück auf die Ereignisse, die Resolution und ihre weitreichenden Folgen, zeigt, wie die Saat für Jahrzehnte der Spannungen gesät wurde.

Vorgeschichte: Vom Osmanischen Reich zum britischen Mandat

Um Resolution 181 zu verstehen, muss man weit zurückgehen – zum Zusammenbruch des Osmanischen Reichs nach dem Ersten Weltkrieg. Das Mandatsgebiet Palästina war ursprünglich Teil des Reiches, doch nach seiner Niederlage übernahm Großbritannien die Kontrolle über dieses Gebiet. In dieser Zeit wuchs sowohl die jüdische als auch die arabische Bevölkerung erheblich an. Die Juden, beflügelt durch die zionistische Bewegung und die Balfour-Deklaration von 1917, die ein „nationales Heim“ für das jüdische Volk in Palästina versprach, wanderten vermehrt in die Region ein. Die arabische Bevölkerung hingegen betrachtete diese jüdische Einwanderung als Bedrohung und reagierte mit wachsender Feindseligkeit.

Schon in den 1920er und 1930er Jahren war Palästina Schauplatz immer heftigerer Spannungen und gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Juden und Arabern. Ein zentraler Konfliktpunkt war die Landfrage: Während jüdische Einwanderer Land aufkauften und eigene Gemeinden errichteten, fühlten sich die arabischen Bewohner enteignet und verdrängt. Die britische Mandatsmacht war zwischen den Parteien gefangen und konnte die Situation nicht befrieden.

Die UN und der Versuch einer Lösung

Nach dem Zweiten Weltkrieg spitzte sich die Lage weiter zu. Die Gräuel des Holocaust verstärkten den internationalen Druck, den Juden eine sichere Heimstätte zu geben. Gleichzeitig wuchs der Widerstand der arabischen Bevölkerung gegen eine jüdische Staatlichkeit. Die britische Regierung, überfordert von den wachsenden Spannungen, entschied, das Mandat über Palästina an die neu gegründeten Vereinten Nationen zu übergeben – eine Entscheidung, die den Weg für Resolution 181 ebnete.

Die UN setzte ein Gremium, das sogenannte UN Special Committee on Palestine (UNSCOP), ein, um mögliche Lösungen zu erarbeiten. Nach monatelanger Untersuchung legte dieses Gremium einen Plan vor, der eine Teilung des Landes in zwei Staaten vorsah: einen jüdischen und einen arabischen. Jerusalem und Bethlehem sollten unter internationale Kontrolle gestellt werden, um den religiösen Ansprüchen der verschiedenen Glaubensgemeinschaften gerecht zu werden.

Resolution 181: Hoffnung oder Zündstoff?

Am 29. November 1947 stimmte die UN-Generalversammlung über diesen Teilungsplan ab. 33 Länder, darunter die USA und die Sowjetunion, stimmten dafür, 13 lehnten ihn ab, 10 enthielten sich. Es war ein denkbar knapper Sieg für die Befürworter der Teilung, aber ein Sieg mit bitterem Beigeschmack. Während die jüdische Führung – insbesondere die Zionistische Organisation unter David Ben-Gurion – den Plan akzeptierte, lehnten ihn die arabischen Führer entschieden ab. Für sie bedeutete die Resolution die illegitime Aufteilung eines Landes, das historisch ihnen gehöre.

Von arabischer Seite wurde die Teilung als unfaire Bevorteilung der Juden empfunden. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt nur etwa ein Drittel der Bevölkerung stellten, sollte ihnen nach dem UN-Plan 55 % des Landes zugesprochen werden. Die arabische Bevölkerung, die den Großteil der Bewohner ausmachte, sollte mit 45 % des Gebiets vorliebnehmen – für viele Araber schlicht inakzeptabel.

Der Funke entzündet einen Flächenbrand

Mit der Verabschiedung der Resolution schien der Traum eines jüdischen Staates greifbar nah, doch zugleich war klar, dass dies kein friedlicher Übergang werden würde. Schon am Tag nach der Abstimmung begannen gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen jüdischen und arabischen Milizen. Es war der Vorbote eines blutigen Krieges, der sich nach dem britischen Abzug 1948 zum ersten israelisch-arabischen Krieg ausweitete.

Am 14. Mai 1948 rief David Ben-Gurion den Staat Israel aus – und nur Stunden später marschierten die Armeen der umliegenden arabischen Staaten in Palästina ein, um den jungen Staat zu vernichten. Der Krieg endete mit einem Sieg Israels, doch nicht ohne verheerende Folgen: Hunderttausende Araber flohen oder wurden vertrieben – eine Katastrophe, die bis heute als „Nakba“ (Katastrophe) im kollektiven Gedächtnis der Palästinenser verankert ist.

Die Folgen: Ein nie endender Konflikt

Seit 1947 hat sich die politische Landkarte des Nahen Ostens drastisch verändert, doch die Schatten der Resolution 181 sind geblieben. Der Teilungsplan wurde nie vollständig umgesetzt. Israel existiert – doch der arabische Staat, der den Palästinensern versprochen wurde, blieb ein unerfüllter Traum. Jahrzehntelang kämpften Palästinenser und ihre Unterstützer für einen eigenen Staat, während Israel seine Kontrolle über weite Teile des Gebiets ausdehnte.

Die UN-Resolution, die einst Frieden bringen sollte, schuf ein Flickwerk von ungelösten Problemen. Die Grenzen, die Jerusalem-Frage, das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge – all das sind Streitpunkte, die in den folgenden Jahrzehnten immer wieder Gewalt und Unruhen schürten. Friedensverhandlungen, wie das Oslo-Abkommen von 1993, brachten zwar kurzzeitig Hoffnung, doch eine nachhaltige Lösung blieb aus.

War Resolution 181 also ein Fehler?

Die Antwort darauf ist nicht einfach. Manche sehen die Resolution als eine moralische Notwendigkeit – ein internationaler Akt der Gerechtigkeit nach den Schrecken des Holocausts. Andere betrachten sie als naiven Versuch, eine komplexe Realität durch eine einfache Teilung zu lösen, ohne die tiefen historischen und kulturellen Wurzeln des Konflikts zu berücksichtigen. Fakt ist: Resolution 181 hat den Lauf der Geschichte unwiderruflich verändert – mit Folgen, die bis heute nachwirken.

Eines ist klar: Der Nahe Osten hat sich von dieser Entscheidung bis heute nicht erholt, und die Hoffnung auf eine Lösung ist nach wie vor ungewiss. Was wäre geschehen, hätte man damals einen anderen Weg eingeschlagen? Eine Frage, auf die die Geschichte wohl keine klare Antwort geben kann.

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