Die USA unter Präsident Donald Trump intensivieren ihre diplomatischen Bemühungen im Nahen Osten, um den brüchigen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas zu stabilisieren – und darüber hinaus eine politische Lösung für den Gazastreifen zu forcieren. Im Zentrum dieser Bemühungen stehen bekannte Akteure: Jared Kushner, Trumps Schwiegersohn und ehemaliger Berater, sowie der Immobilienunternehmer Steve Witkoff, der derzeit als inoffizieller Nahost-Gesandter fungiert. Beide trafen gestern in Israel ein, gefolgt von Vizepräsident J.D. Vance, dessen Ankunft für heute erwartet wurde.
Dass Kushner erneut in den Vordergrund tritt, signalisiert eine Rückkehr zur Familien-Diplomatie der ersten Trump-Administration. Und sie kommt zu einem kritischen Zeitpunkt.
Waffenstillstand auf der Kippe
Der Waffenstillstand, der unter dem Druck der US-Regierung vor wenigen Tagen zwischen Israel und der Hamas zustande kam, zeigt bereits erste Risse. Beide Seiten werfen sich gegenseitig Verstöße vor – von Raketenbeschuss bis zu gezielten Angriffen im Gazastreifen. Diplomaten und Beobachter in Washington äußern laut der New York Times wachsende Sorge, dass der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu den Deal aufkündigen könnte. Die Trump-Regierung fürchtet einen strategischen Rückschlag, sollte der fragile Status quo zerbrechen.
Ein hochrangiger US-Beamter, der anonym zitiert wird, bestätigte: „Netanjahu spielt mit dem Gedanken, sich aus der Vereinbarung zurückzuziehen – das gefährdet alle weiteren Pläne zur Befriedung Gazas.“
Kushner – Verhandler im Schatten der Institutionen
Dass Kushner als Privatmann erneut diplomatische Missionen übernimmt, ist bemerkenswert. Seit dem Ende der ersten Trump-Amtszeit leitet er ein Investmentunternehmen in Miami. Dennoch behält er engen Zugang zu politischen Entscheidern und Netzwerken im Nahen Osten, vor allem durch seine Verbindungen zu den Golfstaaten.
Bereits zwischen 2017 und 2020 hatte Kushner eine zentrale Rolle beim sogenannten „Abraham-Abkommen“ gespielt – jener Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und weiteren arabischen Staaten. Dass er nun wieder zwischen Israel und der Hamas vermittelt, dürfte auch mit dem mangelnden Vertrauen vieler regionaler Akteure in klassische diplomatische Kanäle der USA zusammenhängen.
Die Gaza Humanitarian Foundation zieht sich zurück
Ein weiteres Signal für die Unsicherheit in der Region ist die Ankündigung der Gaza Humanitarian Foundation, ihre Hilfslieferungen vorübergehend einzustellen. Die Organisation, die teils von US-Sicherheitsfirmen betrieben und von Israel unterstützt wird, gilt als umstritten. Kritiker werfen ihr mangelnde Transparenz und politische Nähe zur israelischen Regierung vor.
Die temporäre Aussetzung der Hilfeleistung sei laut offiziellen Angaben eine „Vorsichtsmaßnahme aufgrund der instabilen Sicherheitslage“. Für die ohnehin dramatisch unterversorgte Bevölkerung des Gazastreifens stellt dies einen herben Rückschlag dar.
Australien, China und Europa: Die globale Sicherheitslage bleibt angespannt
Parallel zu den Entwicklungen in Nahost ist eine globale Häufung sicherheitspolitischer Spannungen zu beobachten:
- In der Südchinesischen See kam es zu einem gefährlichen Zwischenfall zwischen der chinesischen Luftwaffe und einem australischen Aufklärungsflugzeug. Australische Regierungsvertreter sprachen von einem „aggressiven Akt“, nachdem ein chinesischer Jet Flares in unmittelbarer Nähe des australischen Flugzeugs abgeworfen hatte – ein Manöver, das Experten als Provokation mit hohem Eskalationspotenzial einstufen.
- In Europa warnt der deutsche Generalinspekteur Carsten Breuer in einem Interview mit der New York Times, dass ein Sieg Russlands in der Ukraine „demokratische Grundfesten in Europa ins Wanken bringen“ würde. Seine Aussagen fügen sich ein in eine wachsende Debatte über eine mögliche europäische Aufrüstung und strategische Autonomie.
- Unterdessen haben die USA ein Abkommen mit Australien geschlossen, das amerikanischen Firmen bevorzugten Zugang zu Australiens seltenen Erden gewährt – ein geostrategisch bedeutsamer Schritt angesichts des globalen Wettlaufs um kritische Rohstoffe.
Zwischen Wahlkampf und Weltpolitik
Die diplomatische Aktivität der USA in Nahost steht auch im Kontext des bevorstehenden Wahlkampf zu den Zwischenwahlen in den USA 2026. Donald Trump versucht offenkundig, außenpolitische Erfolge vorzuweisen, um seinen Führungsanspruch zu untermauern. Wie in seiner ersten Amtszeit setzt er dabei verstärkt auf Vertraute außerhalb etablierter Regierungsstrukturen – ein Stil, der seiner direkten, transaktionalen Politikauffassung entspricht, jedoch außenpolitisch schwer kalkulierbar ist.
Autor: P. Tiko
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