In der malerischen Region Vendée, wo das Rauschen der Wellen und das Zirpen der Grillen den Alltag prägen, war das Fangen von Aalen lange Tradition. Doch seit 2023 herrscht dort Funkstille in den Aalreusen – die Aalfischerei wurde verboten. Ein Tier, das einst in den 1980er Jahren so selbstverständlich auf den Tellern landete, ist heute fast verschwunden. Die Ursache? Eine Mischung aus unersättlichem Konsum und menschengemachten Hindernissen.
Eine Delikatesse verschwindet
Die Küsten der Vendée waren einst bekannt für ihre reichhaltigen Aalbestände. Jean, ein alter Fischer aus der Region, erinnert sich gut an die Zeiten, als Aale in den Netzen noch so zahlreich waren, dass man sie kaum zählen konnte. „Der Aal ist ein köstlicher Fisch, aber jetzt nimmt man uns das letzte bisschen Genuss“, sagt er mit schwerem Herzen. Für ihn und viele andere bedeutet das Verbot einen herben Verlust – nicht nur kulinarisch, sondern auch kulturell.
Doch Jean weiß auch, dass das Verbot nicht grundlos erlassen wurde. Die Aalbestände sind so stark zurückgegangen, dass sie nun vom Aussterben bedroht sind. Doch was hat den Aal, einst eine der Hauptattraktionen der Flüsse und Küstengewässer, an diesen Punkt gebracht?
Gefährliche Hindernisse auf dem Weg nach Hause
Die Gefahren für den Aal sind vielfältig. Neben der Überfischung spielen auch Umweltverschmutzung und Parasiten eine Rolle. Besonders gravierend sind jedoch die zahlreichen Barrikaden in Form von Staudämmen, die den Aalen den Weg zu ihren Laichplätzen versperren. Diese Tiere, die unglaubliche Strecken zurücklegen, um sich fortzupflanzen, stehen nun vor schier unüberwindbaren Hürden.
Ein Beispiel dafür findet sich in den Sümpfen der Vendée, 15 Kilometer flussaufwärts. Dort versuchen zwei engagierte Fischer, den wenigen Aalen, die es bis hierher schaffen, zu helfen. Sie haben Rampen installiert, die es den Fischen ermöglichen sollen, die steilen Abschnitte zu überwinden. Ohne diese Hilfe wären die Aale chancenlos. Man stelle sich das einmal vor: Ein Fisch, der normalerweise durch das Wasser gleitet, muss jetzt klettern, um zu überleben.
Ein Kampf, der noch nicht verloren ist
Doch es gibt Hoffnung. Projekte wie das der beiden Fischer zeigen, dass es noch nicht zu spät ist. Sie setzen sich dafür ein, dass die Flüsse wieder durchlässiger werden und die Aale ihre alten Wanderwege zurückerobern können. Doch dies ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Die Herausforderungen sind groß, aber nicht unüberwindbar. Ein rigoroser Schutz der Bestände, der Rückbau von Staudämmen und eine bessere Kontrolle der Wasserqualität könnten den Aalpopulationen eine neue Chance geben. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und gegen das Vergessen.
Was bleibt also? Vielleicht die Erkenntnis, dass wir unseren Umgang mit der Natur überdenken müssen. Der Aal ist mehr als nur ein Fisch auf dem Teller – er ist Teil eines komplexen Ökosystems, das ohne ihn aus dem Gleichgewicht gerät. Wenn wir weiterhin so sorglos mit unseren Ressourcen umgehen, werden wir am Ende nicht nur den Aal verlieren, sondern auch ein Stück der eigenen Identität.
Jean und die anderen Fischer der Vendée geben nicht auf. Mit jedem Aal, den sie retten, setzen sie ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass es möglich ist, das Blatt zu wenden – wenn man nur bereit ist, den nötigen Einsatz zu zeigen.
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