Tag & Nacht




Paris hat es geschafft – und das auf eindrucksvolle Weise. Die französische Hauptstadt führt seit Kurzem das Ranking der kinderfreundlichsten Städte Europas in Sachen Mobilität an. Die internationale NGO-Koalition „Clean Cities Campaign“ hat Paris unter 36 Großstädten auf Platz eins gesetzt. Der Grund: ein durchdachtes Maßnahmenpaket aus Tempo-30-Zonen, sicheren Radwegen und sogenannten „Schulstraßen“.

Ein Paradigmenwechsel mitten im Großstadtverkehr.

Mehr als nur ein paar bunte Fahrradwege

Mit einem Gesamtwert von 79 Prozent (Note B+) kratzt Paris am Spitzenwert und lässt selbst Amsterdam (63 Prozent) deutlich hinter sich. Weitere Spitzenreiter sind Antwerpen (62 %), Brüssel (56 %) und Lyon (53 %). Was besonders beeindruckt: Diese Entwicklung fand in weniger als zehn Jahren statt – unter der Leitung von Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Die Initiatoren der Studie nennen das „bemerkenswert“ und sehen darin ein starkes Signal, dass städtischer Wandel auch überdurchschnittlich schnell möglich ist.

Schauen wir genauer hin.

Schulstraßen – wo Kinder wieder Vorrang haben

Wer morgens durch Paris spaziert, begegnet einem Bild, das in vielen Metropolen undenkbar ist: Schulwege ohne Autoverkehr, mit Pflanzen gesäumt, von Kindern belebt. Über 230 dieser „rues aux écoles“ existieren bereits – 125 davon in unmittelbarer Nähe von Grundschulen. Diese Straßen werden entweder temporär zu Stoßzeiten oder dauerhaft für Autos gesperrt. Bis 2026 sollen 300 dieser sicheren Zonen entstehen.

Ein echtes Statement für mehr Lebensqualität – und gegen den täglichen Schulstress.

Tempo 30: Weniger Tempo, mehr Sicherheit

Ein weiteres Erfolgsrezept: die flächendeckende Einführung von Tempo 30. In über 80 Prozent des Pariser Straßennetzes gilt inzwischen die niedrigere Höchstgeschwindigkeit. Das reduziert nicht nur die Unfallgefahr, sondern senkt auch Lärm- und Schadstoffbelastung – ganz nebenbei profitieren alle Altersgruppen davon.

Klingt nach einer Kleinigkeit, hat aber enorme Wirkung.

Fahrradfahren für alle – nicht nur für Mutige

Wer denkt, Radfahren sei in Paris noch immer ein Abenteuer, sollte einen neuen Blick wagen: 48 Prozent des Straßennetzes sind mittlerweile mit geschützten Radwegen ausgestattet. Das reicht für den ersten Platz – gemeinsam mit Helsinki. Gerade im Vorfeld der Olympischen Spiele 2024 hat Paris Tempo gemacht: 60 Kilometer neue Radwege wurden in Windeseile gebaut.

So wird aus einer einstigen Autostadt ein Ort, an dem auch Sechsjährige sicher in die Schule radeln können.

Kinder brauchen Platz – und Bewegung

Clément Drognat Landré von Clean Cities France bringt es auf den Punkt: „‚Geh doch raus zum Spielen‘ – das sagt heute kaum noch jemand.“ Die zunehmende Bewegungsarmut bei Kindern ist ein echtes Problem. Der urbane Raum sei ihnen zu oft verschlossen. Genau hier setzt die Pariser Mobilitätswende an: Kinder sollen wieder Teil des öffentlichen Raums sein – und sich frei und sicher darin bewegen können.

Und mal ehrlich: Wann sind wir das letzte Mal barfuß über eine Straße gerannt, ohne Angst vor hupenden Autos?

Eine Idee macht Schule

Dass Paris nun Vorbild für ganz Europa ist, zeigt der Erfolg des Rankings. Städte wie Lyon oder Marseille – ebenfalls analysiert – haben zwar Fortschritte gemacht, aber noch deutlich Luft nach oben. Der Erfolg der französischen Hauptstadt liegt in der Konsequenz ihrer Politik, nicht in vereinzelten Leuchtturmprojekten. Es geht nicht um Prestige, sondern um das tägliche Leben – und um eine Generation, die wieder eigenständig ihre Stadt entdecken darf.

Paris hat vorgemacht, wie eine Stadt Kinder nicht als Störfaktor, sondern als Maßstab für gute Stadtplanung begreifen kann. Weniger Autos, mehr Grün, sichere Wege – das ist keine Zukunftsvision, sondern Realität in vielen Pariser Vierteln.

Die eigentliche Frage ist also: Wann zieht der Rest Europas nach?

Von C. Hatty

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