Am 7. März 2025 erklärte der französische Verfassungsrat die Wahl von Arnaud Sanvert, dem Abgeordneten des Rassemblement National (RN) im 5. Wahlkreis des Départements Saône-et-Loire, für ungültig. Diese Entscheidung folgte auf die Feststellung von Unregelmäßigkeiten während des Wahlprozesses, die das Wahlergebnis maßgeblich beeinflusst haben könnten.
Der Verfassungsrat wurde durch eine Beschwerde von Louis Margueritte, dem ehemaligen Abgeordneten der Partei Renaissance und derzeitigen stellvertretenden Kabinettschef des Premierministers, auf diese Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht. Margueritte hatte bei den Parlamentswahlen im Sommer 2024 im selben Wahlkreis kandidiert.
Festgestellte Unregelmäßigkeiten und ihre Auswirkungen
Bei der Überprüfung der Wahlergebnisse stellte der Verfassungsrat in drei Wahllokalen Unstimmigkeiten fest. In diesen Lokalen war die Anzahl der gezählten Stimmen höher als die Anzahl der abgegebenen Stimmzettel, was auf Fehler beim Auszählungsprozess hindeutet. Konkret wurden in einigen Fällen 102 Stimmen für 100 Umschläge gezählt. Diese Differenzen führten dazu, dass der Verfassungsrat entschied, die Anzahl der Stimmen jedes Kandidaten im ersten Wahlgang um fünf zu reduzieren.
Diese Korrektur hatte erhebliche Auswirkungen auf die Qualifikation für den zweiten Wahlgang. Gilles Platret, ein Kandidat der Divers Droite, hatte sich ursprünglich mit nur vier Stimmen Vorsprung für die zweite Runde qualifiziert. Durch die Reduzierung der Stimmen verlor er jedoch diesen Platz, was die Zusammensetzung der Kandidaten im zweiten Wahlgang veränderte. Der Verfassungsrat stellte fest, dass diese Veränderung das Endergebnis maßgeblich beeinflusst haben könnte und annullierte daher die gesamte Wahl.
Historische Präzedenzfälle und aktuelle Entwicklungen
Die Annullierung von Wahlen aufgrund von Unregelmäßigkeiten ist in Frankreich nicht ohne Präzedenz. Ein ähnlicher Fall ereignete sich in der ersten Wahlkreis von Charente, wo die Wahl im Dezember 2022 aufgrund von 27 ungültigen Stimmen annulliert wurde, da der Vorsprung des siegreichen Kandidaten nur 24 Stimmen betrug.
Neben der aktuellen Annullierung in der Saône-et-Loire wurde auch die Wahl der Abgeordneten Marie-Christine Dalloz von den Les Républicains im Département Jura annulliert. In diesem Fall war die Anwesenheit eines Kandidaten unter rechtlicher Vormundschaft im zweiten Wahlgang der Grund für die Entscheidung des Verfassungsrats. Eine Nachwahl ist für den 30. März und 6. April 2025 geplant.
Auswirkungen auf das Rassemblement National und den politischen Kontext
Die Annullierung der Wahl von Arnaud Sanvert bedeutet einen Verlust eines Sitzes für das Rassemblement National in der Nationalversammlung. Das RN hatte in den letzten Jahren an politischem Einfluss gewonnen und stellt derzeit 82 Abgeordnete in der Nationalversammlung.
Die bevorstehende Nachwahl im 5. Wahlkreis der Saône-et-Loire wird nicht nur für das RN, sondern für alle politischen Parteien von Bedeutung sein. Sie bietet die Möglichkeit, die politische Stimmung in diesem Wahlkreis neu zu bewerten und könnte als Indikator für zukünftige Wahlen dienen.
Die Entscheidung des Verfassungsrats, die Wahl im 5. Wahlkreis der Saône-et-Loire zu annullieren, unterstreicht die Bedeutung eines transparenten und fehlerfreien Wahlprozesses in Frankreich. Sie erinnert daran, dass selbst geringfügige Unregelmäßigkeiten das Vertrauen in demokratische Prozesse erschüttern können. Die anstehenden Nachwahlen werden zeigen, wie die Wähler auf diese Entwicklungen reagieren und welche Auswirkungen sie auf die politische Landschaft haben werden.
Von Andreas Brucker
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