Tag & Nacht

Obwohl viele andere christliche Feste auch in Frankreich Feiertage sind, ist der Karfreitag für den Großteil des Landes kein freier Tag.

Mit Einschränkungen bei Reisen und Familientreffen wird das Osterfest dieses Jahr sowieso kein so großes Ereignis sein wie sonst. Schon immer jedoch ist das viertägige Wochenende eine Tradition, die nur ein Teil Frankreichs in vollen Zügen genießen kann.

Es war schon immer ein Rätsel, warum ein Land, das seinen Arbeitern u.a. an Mariä Verkündigung, Mariä Himmelfahrt und Allerheiligen frei gibt, keinen Feiertag für Karfreitag kennt. Und es ist sogar noch merkwürdiger, wenn man bedenkt, dass es in einigen Teilen des Landes tatsächlich ein Feiertag ist.

Die Tradition, den Freitag vor Ostern wie einen normalen Arbeitstag zu behandeln, begann erst 1905, als das Land offiziell säkular wurde und die Kirche vom Staat trennte.

Seitdem sind die französischen Arbeiter im Gegensatz zum restlichen Europa gezwungen, den Karfreitag, auf Französisch Vendredi Saint genannt, als einen Tag wie jeden anderen zu behandeln.

In ganz Frankreich? Nein, nicht überall.

Sehr zum Neid der meisten Arbeitnehmer in Frankreich bekommen die Bewohner des Elsass, das heute zur Region Grand Est gehört, am Karfreitag einen freien Tag.

Der Grund dafür ist die komplizierte Geschichte des Elsass, das zwischen Deutschland und Frankreich wechselte.

Im Jahr 1871 wurde das Elsass von Deutschland beschlagnahmt, einschließlich der Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin sowie des größten Teils des Departements Moselle in der Region Lothringen.
Erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 wurde das Gebiet an Frankreich zurückgegeben.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Bewohner des Elsass nicht begeistert von der Idee, diesen freien Tag zu verlieren und weigerten sich einfach, ihn aufzugeben und zeigten damit die verborgene französische Seite ihrer Natur, die in all den Jahren unter deutscher Herrschaft nicht verloren gegangen war.

Und tatsächlich wurden ihre Forderungen erfüllt und ein Gesetz, bekannt als das Konkordat von Elsass-Mosel, machte die Region zu einer Ausnahme.

Und tatsächlich ist das auch der Grund, warum sich diese Region über den St.-Stephans-Tag, auch bekannt als zweiter Weihnachtsfeiertag, freuen darf. So wie viele andere europäische Länder auch. Diejenigen, die im restlichen Frankreich leben, müssen dagegen am Karfreitag und am Tag nach Weihnachten wieder zur Arbeit gehen.

Und es wird wohl noch lange  bei dieser Sonderbehandlung des Elsass bleiben, da es wohl kaum Politiker geben wird, die bereit sind, dieses besonderes sensible Thema anzufassen.

Und der Ostermontag?

Nach dieser Logik ist der Ostermontag also vermutlich in Frankreich auch ein ganz normaler Tag?

Nein, tatsächlich ist der Ostermontag ein gesetzlicher Feiertag.
Und er ist einzigartig im französischen Feiertagskalender, da er der einzige freie Tag ist, an dem es weder ein nationales Ereignis noch ein christliches Fest zu feiern gibt: Obwohl er natürlich mit Ostern verbunden ist, ist der wichtigste Tag im christlichen Kalender der Sonntag, an dem Jesus nach seiner Kreuzigung wieder auferstanden ist.

Es war Napoleon, der den Ostermontag im Jahr 1802 zu einem Feiertag machte, als er die etwa 50 Feiertage, die die Franzosen damals feierten, auf 12 reduzierte.

Warum aber überlebte der Ostermontag anders als der Karfreitag die Reform der Feiertage?

Nun, wir haben nie behauptet, dass in Frankreich alles logisch und sinnvoll ist. Genießen wir einfach den freien Tag.  🙂


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