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Donald Trump trat sein erneutes Präsidentschaftsmandat mit dem Versprechen an, den Krieg in der Ukraine binnen 24 Stunden zu beenden. Drei Monate nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus ist davon wenig übrig geblieben. Die militärische Realität an der Front, das diplomatische Geflecht in Europa und das Kalkül des Kremls haben den vollmundigen Ankündigungen des ehemaligen und nun wieder amtierenden US-Präsidenten Grenzen gesetzt. Der ersehnte Frieden bleibt aus – und Washingtons Rolle in diesem Krieg ist erneut in Frage gestellt.

Trump hatte sich im Wahlkampf als pragmatischer Dealmaker inszeniert, der als Einziger in der Lage sei, mit Wladimir Putin einen tragfähigen Kompromiss zu finden. Tatsächlich kam es nach seiner Amtseinführung zu ersten Kontakten zwischen seinen Beratern und Vertretern des russischen Präsidenten. Doch aus diesen Gesprächen gingen bislang weder ein Waffenstillstand noch substanzielle politische Fortschritte hervor. Die russischen Truppen intensivierten ihre Offensiven im Nordosten der Ukraine, während ukrainische Städte erneut Ziel massiver Luftangriffe wurden. Von einer Deeskalation kann keine Rede sein.

Zwar bemühte sich Trump um die Skizzierung eines neuen Friedensplans, der unter anderem den Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft und eine faktische Anerkennung der russischen Kontrolle über die besetzten Gebiete beinhaltete. Doch dieser Vorschlag stieß nicht nur in Kiew auf scharfe Ablehnung, sondern auch bei den meisten europäischen Partnern. Die Vorstellung, der Ukraine Sicherheitsgarantien anzubieten, während man ihr zugleich wesentliche Teile ihres Territoriums abspricht, erscheint in den Hauptstädten Europas als gefährlicher Präzedenzfall – nicht nur für Osteuropa, sondern für die gesamte regelbasierte internationale Ordnung.

Eine besonders umstrittene Idee Trumps war der Vorstoß, die Vereinigten Staaten sollten strategisch wichtige ukrainische Atomkraftwerke unter ihre Kontrolle bringen, um diese als „amerikanisches Territorium“ zu deklarieren – verbunden mit entsprechenden Schutzgarantien. Auch dieser Vorschlag wurde sowohl in der Ukraine als auch im Westen mit Misstrauen aufgenommen. Er offenbart weniger ein sicherheitspolitisches Kalkül als vielmehr eine geopolitische Verschiebung zugunsten amerikanischer Eigeninteressen. Die ukrainische Regierung signalisierte zwar Gesprächsbereitschaft, doch stellte sie unmissverständlich klar, dass keine Lösung infrage komme, die die nationale Souveränität kompromittiere.

Auch auf internationaler Ebene mehren sich die kritischen Stimmen gegenüber Trumps Vorgehen. Während die USA mit Russland über mögliche Friedensmodalitäten verhandeln, ohne die Ukraine formell einzubeziehen, wächst in Europa die Sorge vor einer Rückkehr zur Politik der Einflusssphären. Insbesondere Polen und die baltischen Staaten warnen vor einer Appeasement-Strategie, die langfristig die Sicherheitsarchitektur Europas untergräbt. Frankreich und Deutschland hingegen bemühen sich weiterhin um eine diplomatische Vermittlung unter Einbindung aller Parteien, auch wenn der Handlungsspielraum begrenzt erscheint.

Die Realität nach hundert Tagen Trump ist ernüchternd: Der Krieg tobt weiter, die Frontlinien sind weitgehend erstarrt, und die humanitäre Lage verschärft sich zunehmend. Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer leben nach wie vor in Unsicherheit oder im Exil, während die Infrastruktur des Landes systematisch zerstört wird. Gleichzeitig sinkt die Bereitschaft westlicher Staaten, die Ukraine finanziell und militärisch unbegrenzt zu unterstützen – insbesondere angesichts wachsender innenpolitischer Spannungen in den USA und Europa.

Dabei war der Wunsch nach einem schnellen Frieden nachvollziehbar – sowohl aus geopolitischer als auch aus humanitärer Perspektive. Doch das Versprechen, ein derart komplexes Kriegsgeschehen innerhalb weniger Tage zu lösen, war von Anfang an illusionär. Trumps Verhandlungsstil, geprägt von bilateralen Deals und dem Primat nationaler Interessen, kollidiert mit der Realität eines vielschichtigen Konflikts, in dem es nicht nur um territoriale Kontrolle, sondern auch um Fragen des Völkerrechts, der internationalen Ordnung und der europäischen Sicherheit geht.

Die Frage „Was nun, Herr Trump?“ stellt sich mit zunehmender Dringlichkeit. Wer ernsthaft Frieden schaffen will, muss über populistische Rhetorik hinausgehen und belastbare multilaterale Strukturen schaffen. Es braucht einen diplomatischen Prozess, der glaubwürdige Sicherheitsgarantien für beide Seiten bietet, ohne die Ukraine zur Aufgabe ihrer territorialen Integrität zu zwingen. Dazu gehört auch die Wiederbelebung der OSZE, die Einbindung neutraler Vermittlerstaaten und die Rückkehr zu einem konstruktiven Dialog im Rahmen internationaler Institutionen.

Die Ukraine selbst hat signalisiert, dass sie prinzipiell bereit ist, über eine Neuordnung ihrer Sicherheitsarchitektur zu sprechen – jedoch nicht um den Preis eines Friedens, der auf Erpressung basiert. Die amerikanische Außenpolitik steht nun vor einer Weggabelung: Will sie die Rolle des Garanten für Freiheit und Selbstbestimmung weiterhin glaubwürdig ausfüllen, muss sie sich klar zur Souveränität der Ukraine bekennen. Ein Frieden, der in Moskau diktiert und in Washington verhandelt wird, ohne Rücksicht auf Kiew, würde langfristig nicht Bestand haben.

Donald Trumps Präsidentschaft ist bekannt für spektakuläre Inszenierungen und radikale Kurswechsel. Doch in der Ukraine-Frage wird er an einer simplen Wahrheit gemessen werden: Der Frieden, den er versprochen hat, ist nicht eingetreten. Und solange die Waffen schweigen sollen, ohne die Prinzipien des Völkerrechts zu verletzen, wird es keine schnelle Lösung geben. Es bleibt ein langer Weg – einer, der nur über echte Diplomatie führt.

Autor: P. Tiko

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