Der 1. April – dieser Tag, an dem selbst der sonst so nüchterne Kollege aus der Buchhaltung plötzlich kreative Züge entwickelt. Man weiß nie, was auf einen zukommt: Zahnpasta im Oreokeks, Fake-News über fliegende Autos oder die legendäre Durchsage im Büro, dass ab sofort alle E-Mails handschriftlich eingereicht werden müssen. Ein bisschen wie Karneval für Intellektuelle – oder zumindest für diejenigen mit einem gewissen Hang zur Schadenfreude.
Aber was steckt eigentlich hinter diesem Tag des gepflegten Nonsens? Und warum lieben wir es, uns (und andere) reinzulegen, selbst wenn wir uns dabei fast vor Lachen verschlucken?
Die Kunst der Täuschung
Menschen lieben Geschichten – und was ist ein Aprilscherz anderes als eine kleine, raffinierte Erzählung mit eingebautem Aha-Moment? Es ist eine Art kollektiver Theateraufführung: Der eine spielt, der andere fällt drauf rein, und am Ende lachen alle – meistens jedenfalls. Manchmal bleibt einem das Lachen auch kurz im Hals stecken, besonders wenn der Scherz zu gut war. Wie bei dem Kollegen, der vor ein paar Jahren angeblich eine Gehaltserhöhung bekam – bis zur Pointe: „Nur ein Scherz, aber schön wär’s, oder?“
Klar, Scherze können auch mal daneben gehen. Nicht jeder findet es witzig, wenn der Kaffee plötzlich salzig schmeckt oder die Maus mit Sekundenkleber auf dem Tisch festklebt. Humor ist eben Geschmackssache – und manchmal auch ein bisschen riskant.
Ein bisschen Wahnsinn schadet nie
Der 1. April erlaubt es uns, die graue Realität mit bunten Farbtupfern zu versehen. Für einen Tag tun wir so, als sei alles möglich – dass Merkel eine Heavy-Metal-Karriere startet, dass Berlin eine Sommerolympiade mit Einhorn-Dressur plant oder dass der Chef persönlich den Kaffee bringt, weil „Kundenzufriedenheit jetzt ganz oben“ steht.
Warum? Weil es gut tut. Der Alltag ist oft ernst genug – Mails, Meetings, Rechnungen, Stau. Da wirkt ein gut platzierter Aprilscherz wie ein Schluck Cola in der Wüste. Sprudelnd, überraschend, ein bisschen frech.
Humor als soziales Schmiermittel
Der Aprilscherz erfüllt noch eine andere Funktion: Er bringt uns zusammen. Ein guter Scherz ist wie ein Lagerfeuer – man hockt sich drum herum, tauscht Geschichten, lacht gemeinsam. Selbst wenn man Opfer eines Streichs wurde, ist man doch Teil eines Moments, der verbindet. Und wer einmal in der Schulzeit von seinem besten Freund mit einem erfundenen Mathe-Test hereingelegt wurde, weiß: Daraus entstehen Legenden, die noch Jahre später erzählt werden.
Natürlich gibt es auch die Miesepeter, die jedes Jahr am 1. April betonen, wie albern das alles sei. Meistens erkennt man sie daran, dass sie besonders schlechte Verlierer sind – oder einfach noch nie selbst einen richtig guten Scherz gelandet haben.
Wo bleibt eigentlich der offizielle Feiertag?
Man stelle sich das mal vor: Der 1. April als arbeitsfreier Tag im Kalender, mit Straßenumzügen, Konfetti aus Post-its und Live-Übertragungen der besten Scherze des Jahres. Politiker geben absurde Versprechen ab (ach nee – das machen sie ja ohnehin), Unternehmen entwickeln fiktive Produkte und Influencer posten Videos von sprechenden Pflanzen, die Selfies machen. Na, wär das was?
Und wer weiß, vielleicht ist diese Idee ja gar kein Scherz. Vielleicht ist der 1. April der unterschätzteste Feiertag überhaupt – ein Tag, an dem Kreativität auf Irrsinn trifft, Vernunft eine Pause macht und wir uns daran erinnern, dass Lachen noch immer die beste Medizin ist. Außer natürlich, man ist Zahnarzt – da hilft manchmal doch eher die Betäubungsspritze.
Die Moral von der Geschichte?
Trau heute niemandem – nicht mal Deinem Spiegelbild. Es könnte sich als jemand ganz anderes herausstellen. Und wenn Dir jemand erzählt, dass Deine Lieblingsband ein neues Album mit Kühen im Hintergrund aufgenommen hat – überprüf lieber das Datum, bevor Du’s weiterleitest.
Also raus mit Euch in die Welt, seid ein bisschen verrückt, überrascht einander, spielt mit der Realität – aber bleibt fair. Denn ein guter Scherz ist nicht der, bei dem jemand heult, sondern der, bei dem alle Tränen lachen.
Na, wer hat heute schon jemanden in den April geschickt?
Catherine H.
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