Tag & Nacht




2024 hat wieder einmal gezeigt, wie teuer uns das Klima zu stehen kommt – im wahrsten Sinne des Wortes. Stürme, Überschwemmungen, Hagel und sogar ein Zyklon haben die Versicherungswirtschaft in Frankreich im vergangenen Jahr mit rund 5 Milliarden Euro belastet. Das ist nicht nur eine stolze Summe – es ist die neuntteuerste Bilanz seit Beginn der Erhebungen. Und trotzdem liegt sie noch unter dem langjährigen Durchschnitt.

Aber Moment mal: Wenn das unter dem Schnitt liegt – was sagt das über die kommenden Jahre aus?


Stürme, Schnee und zerstörte Ernten

Laut der am 26. März veröffentlichten Studie von France Assureurs, dem Dachverband der Versicherungsunternehmen in Frankreich, schlagen vor allem Stürme, Hagel und Schnee mit satten 2,2 Milliarden Euro zu Buche. Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Dürren kommen auf 2 Milliarden. Und dann ist da noch die Ernteversicherung – auch sie mit stolzen 800 Millionen Euro.

Besonders teuer waren zwei Stürme mit den freundlich klingenden Namen Kirk und Leslie. Aber auch die sogenannten „épisodes cévenols et méditerranéens“, jene typischen Starkregenereignisse im Süden des Landes, summierten sich auf satte 785 Millionen Euro. Und als wäre das nicht schon genug, donnerte im Dezember der Zyklon Chido über Mayotte hinweg und hinterließ Schäden in Höhe von rund 500 Millionen Euro.


Wenn Regen zum Feind wird

2024 war das nasseste und zugleich sonnenärmste Jahr in Frankreich seit über zwei Jahrzehnten. In der Wohngebäudeversicherung haben sich die Wasserschäden deutlich gehäuft – ein Plus von 12 Prozent im Vergleich zu 2023. Das ist mehr als nur ein kleiner Anstieg. In den Regionen mit besonders viel Regen sammelte sich das Wasser nicht nur in Kellern und auf Straßen, sondern auch in den Böden. Das Problem dabei: Je stärker die Böden durchnässt sind, desto empfindlicher reagieren sie später auf Trockenperioden.

Kommt im Sommer 2025 dann eine Hitzewelle, könnte es zum sogenannten „Retrait-Gonflement“ kommen – dem Schwinden und Quellen von Tonböden. Das führt zu massiven Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen, weil sich der Untergrund bewegt. Klingt technisch, ist aber Alltag für viele Familien, deren Haus plötzlich Risse bekommt, weil der Boden unter ihren Füßen arbeitet.


Ein Rückblick – und ein Warnzeichen

Zwar liegt die Summe von 2024 unter dem Mittelwert der letzten Jahre (5,6 Milliarden Euro), doch deutlich über dem Durchschnitt der 1980er Jahre, der bei gerade mal 1,5 Milliarden lag. Man muss kein Mathegenie sein, um zu erkennen, wie sehr sich die Situation verändert hat. Die Schäden haben sich mehr als verdreifacht – und das innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten.

Und jetzt mal ehrlich: Wer glaubt noch, dass das Zufall ist?


Was heißt das für die Zukunft?

Diese Zahlen erzählen mehr als nur eine wirtschaftliche Geschichte. Sie zeigen, wie konkret und greifbar die Folgen des Klimawandels schon heute sind. Wenn eine einzige Sturmfront wie Kirk fast eine Milliarde Euro kostet – was passiert, wenn mehrere solcher Ereignisse zusammenkommen?

Die Versicherungen stehen bereits unter Druck. Und das bedeutet: höhere Beiträge, strengere Bedingungen – oder gar keine Versicherung mehr in bestimmten Risikogebieten. Frankreich ist da keine Ausnahme. In vielen europäischen Ländern beobachten wir ähnliche Entwicklungen.


Die sozialen Folgen nicht unterschätzen

Gerade in einkommensschwachen Regionen sind Menschen oft doppelt betroffen. Sie leben in schlecht isolierten Häusern, können sich keine Zusatzversicherungen leisten und bekommen im Ernstfall auch noch langsamer Hilfe. Ein kaputtes Dach ist für manche eben mehr als nur ein Versicherungsfall – es ist eine existenzielle Bedrohung.

Es braucht deshalb nicht nur technische Anpassungen, sondern auch soziale. Mehr Prävention, bessere Unterstützungssysteme – und ein ehrliches Umdenken in der Stadtplanung. Wer heute noch neue Siedlungen in Überflutungsgebieten genehmigt, spielt Roulette mit Menschenleben.


Und jetzt?

Die gute Nachricht: Wir sind nicht machtlos. Bessere Daten, bessere Modelle und eine stärkere interdisziplinäre Forschung ermöglichen heute präzisere Vorhersagen und effizientere Schutzmaßnahmen. Aber das nutzt wenig, wenn Entscheidungen verschleppt oder aus politischen Gründen verwässert werden.

Vielleicht ist es Zeit, nicht nur die Schäden zu berechnen, sondern auch den Mut aufzubringen, konsequent zu handeln.

Denn seien wir mal ehrlich – wie oft muss das Wasser noch bis zur Haustür stehen, bevor wir die Tür zum Umdenken öffnen?

Quellen:
France Assureurs, Studie vom 26. März 2025

Von Andreas M. Brucker

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