Tag & Nacht




Ein Zuhause, das das ganze Jahr über angenehm temperiert ist – ohne Heizung, ohne Klimaanlage? Klingt wie ein schöner Traum, oder? Doch genau das wird heute zur Realität. Möglich machen es durchdachte Architektur, clevere Bauweise und das Prinzip der sogenannten Passivhäuser. Was steckt dahinter – und wie funktioniert das wirklich?

Der Trick mit der Natur: Passivhäuser im Überblick

Passivhäuser nutzen die vorhandenen natürlichen Ressourcen so effizient, dass kaum externe Energie nötig ist. Im Zentrum steht ein Prinzip: Wärme drin halten, Kälte und Hitze draußen lassen. Das gelingt mit einem durchdachten Zusammenspiel aus:

Starker Wärmedämmung: Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Dicke Wände mit natürlichen Materialien wie Reisdämmung oder Biofib – einem Mix aus Baumwolle, Hanf und Leinen – sorgen dafür, dass innen warm bleibt, wenn’s draußen kalt ist. Und umgekehrt.

Keine Schwachstellen: Thermische Brücken, also Stellen, an denen Wärme entweichen kann, werden vermieden. Das bedeutet: durchgängig gedämmte Hüllen und Fensteranschlüsse, die bis ins Detail geplant sind.

Luftdichtes Bauen: Klingt erstmal nach stickiger Kammer, bedeutet aber genau das Gegenteil. Denn durch eine gezielte Lüftung wird der Luftaustausch kontrolliert – ohne Wärmeverlust.

Doppelt lüften mit Köpfchen: Die sogenannte „Lüftung mit Wärmerückgewinnung“ sorgt dafür, dass frische Luft ins Haus kommt – und dabei gleichzeitig die Wärme der Abluft genutzt wird. Schlau, oder?

Wenn Architektur zum Thermostat wird

Es gibt bereits beeindruckende Beispiele, wie dieses Konzept in der Praxis funktioniert.

Da wäre zum Beispiel das Gebäude „2226“ von Architekt Dietmar Eberle in Österreich. Der Name ist Programm: Hier bleibt die Temperatur konstant zwischen 22 und 26 Grad – ganz ohne aktives Heiz- oder Kühlsystem. Das Geheimnis? Die Menschen, die darin leben und arbeiten, plus ihre Computer, Lampen und Kaffeemaschinen – sie alle geben Wärme ab. Und das Gebäude weiß, wie es damit umzugehen hat.

Oder die „Poutinière“ in der französischen Drôme: Selbst wenn es draußen friert, bleibt es drinnen kuschelig bei 23 Grad. Dank cleverer Sonnenausrichtung, super Isolierung und passiver Wärmegewinnung.

Auch in Lyon entsteht derzeit ein spannendes Projekt: Im Viertel Confluence wird ein Wohnhaus nach dem 2226-Konzept gebaut. Ziel: stabile Raumtemperaturen ohne Heizkörper oder Klimaanlage – mitten in der Großstadt.

Und was kostet der Spaß?

Natürlich stellt sich die Frage: Ist das nicht wahnsinnig teuer? Kurz gesagt – ja, der Anfang kann ins Geld gehen. Hochwertige Materialien, spezielle Planung, erfahrene Architekten. Aber: Die Rechnung geht langfristig auf. Wer nicht mehr heizen oder kühlen muss, spart Jahr für Jahr bares Geld. Und ein bisschen Umwelt wird auch noch gerettet.

Denn weniger Energieverbrauch bedeutet: weniger CO₂-Ausstoß, weniger Abhängigkeit von Strompreisen, mehr Nachhaltigkeit.

Herausforderungen? Na klar.

Die Sache hat aber auch ihre Tücken. Ein Passivhaus verlangt eine detaillierte Planung – nichts darf dem Zufall überlassen werden. Die Lage, die Fenster, die Form – alles spielt mit. Und was in Südfrankreich funktioniert, muss in Nordfrankreich noch lange nicht gleich gut klappen. Regionale Anpassung ist das A und O.

Wer hier pfuscht, zahlt doppelt – in Energie und Komfort.

Eine neue Wohnkultur?

Was sich hier entwickelt, ist mehr als ein baulicher Trend. Es ist ein Paradigmenwechsel. Wir lernen, mit der Natur zu bauen, nicht gegen sie. Häuser, die sich selbst regulieren. Räume, die atmen. Und Bewohner, die merken: Das Leben bei 23 Grad ohne Technik fühlt sich verdammt gut an.

Vielleicht fragt man sich bald nicht mehr, wie viel die nächste Gasrechnung kostet – sondern ob das Haus heute wieder perfekt für einen arbeitet.

Von C. Hatty

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