Es ist wie ein Echo aus einer dunklen Vergangenheit – und es hallt laut durch das Dickicht des amazonischen Regenwalds. Frankreich baut ein Hochsicherheitsgefängnis in Saint-Laurent-du-Maroni, Guyana. 500 Insassen, darunter Drogenbosse und radikalisierte Gefangene, sollen dort inhaftiert werden. In einem Ort, der einst als Einfallstor in die Hölle des französischen Straflagersystems diente. Wer einmal die Geschichte kennt, kann bei dieser Nachricht kaum an Zufall glauben.
Es trifft einen ins Herz – denn diese Entscheidung ist mehr als nur ein Bauprojekt. Sie ist ein Symbol. Ein fatales Symbol. Wieder einmal scheint ein überseeisches Gebiet als Austragungsort französischer Problembewältigung herhalten zu müssen. Die Entfernung zum Mutterland – 7.000 Kilometer – macht es einfacher, wegzusehen. Aus den Augen, aus dem Sinn?
Was wie ein Fortschritt klingt, riecht nach Verdrängung.
Natürlich ist es notwendig, auf den wachsenden Druck durch Drogenkriminalität und Radikalisierung zu reagieren. Niemand will, dass Drogenkartelle sich in französischen Städten breitmachen oder Gefängnisse zu Brutstätten des Islamismus werden. Aber ausgerechnet Saint-Laurent-du-Maroni? Der Ort, wo einst die Seelen der Sträflinge im Morast des Dschungels verrotteten?
Es ist schwer, nicht an die französische Strafkolonie zu denken, in der Menschen wie Tiere gehalten wurden – ausgebeutet, vergessen, gebrochen. „Papillon“ ist kein Roman – es ist eine Mahnung.
Und jetzt das: ein neues, glänzendes Gefängnis – auf demselben Boden, auf demselben Leid gebaut.
Wo bleibt da das Fingerspitzengefühl? Der Respekt vor Geschichte und den Menschen, die dort leben? Denn vergessen wir nicht: Guyana ist kein Ort, der nur auf der Landkarte existiert, weil man irgendwo Platz für Gefängnismauern braucht. Dort leben Familien. Kinder wachsen auf. Menschen hoffen auf Perspektiven – auf Schulen, Krankenhäuser, Arbeitsplätze. Nicht auf Gitterstäbe.
Die Bewohner Guyanas verdienen mehr als das Gefühl, wieder nur ein Fußabtreter der französischen Metropole zu sein. Sie verdienen Zukunft – keine Rückkehr in koloniale Muster.
Wenn die Regierung wirklich mutig wäre, dann hätte sie in Bildung investiert, in Prävention, in Sozialprojekte. Nicht in eine Festung der Isolation. Ein solches Gefängnis ist keine Lösung – es ist ein politisches Pflaster auf eine offene Wunde.
Wer die Geschichte kennt, spürt, wie tief diese Entscheidung schneidet. Der Ort schreit förmlich nach Heilung – nicht nach Reinszenierung.
Wann endlich fangen wir an, aus unserer Vergangenheit zu lernen – statt sie immer wieder zu kopieren?
Von M.A.B.
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!