Der Tropensturm Garance hat die Insel La Réunion mit voller Wucht getroffen. Mindestens drei Menschen sind ums Leben gekommen, zahlreiche Haushalte sind ohne Strom und Wasser, Straßen wurden zerstört – und die Naturgewalten haben einmal mehr gezeigt, dass der Klimawandel extreme Wetterereignisse weiter verschärft.
Ein Sturm mit zerstörerischer Kraft
Freitag, 28. Februar: Der Zyklon zieht über La Réunion und hinterlässt eine Spur der Verwüstung. Die Präfektur bestätigt drei Todesfälle. Eine Frau in den Fünfzigern ertrinkt in den Fluten im Osten der Hauptstadt Saint-Denis. Ein Mann stirbt in einem durch den Sturm ausgelösten Brand. Und in Saint-Paul werden zwei Menschen vermisst, von denen einer später tot aufgefunden wird.
Der Sturm ist besonders tückisch. Während sich die Lage im Norden der Insel leicht entspannt, steigen im Westen die Pegel weiter an. Flüsse treten über die Ufer, Straßen verschwinden unter Wassermassen, entwurzelte Bäume blockieren Rettungskräfte. „Brutal und gewaltig“ – so beschreibt der Präfekt das Unwetter.
La Réunion unter Schock
Bruno Retailleau, ein französischer Politiker, meldet sich auf X (ehemals Twitter) zu Wort: „Zyklon Garance hat die Insel mit einer Intensität getroffen, wie sie nur selten vorkommt.“ Tatsächlich wurden Windgeschwindigkeiten von bis zu 234 km/h gemessen – das entspricht fast der Geschwindigkeit eines Formel-1-Wagens auf der Zielgeraden.
Das Problem ist nicht nur der Sturm selbst. Die gewaltigen Regenmengen – stellenweise bis zu 450 mm in kurzer Zeit – lassen Erdrutsche befürchten. Erinnerungen an den Zyklon Belal aus dem Januar werden wach, als innerhalb von 48 Stunden über 1.120 mm Niederschlag am Vulkan Cratère Commerson gemessen wurden. Eine Naturgewalt, gegen die Menschen, Infrastruktur und Rettungskräfte oft machtlos sind.
Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten
Besonders heikel ist die Situation in Sainte-Rose und La Plaine-des-Palmistes. Kein Kontakt zur Außenwelt, kein Überblick über Schäden oder Verletzte. Die Behörden schicken Erkundungsteams los, um sich ein Bild vor Ort zu machen. Auch die Berggemeinde Cilaos ist unzugänglich.
Wie fühlt es sich an, von einem Moment auf den anderen völlig abgeschnitten zu sein? Kein Telefon, kein Internet, keine Hilfe – nur der tosende Wind und der unaufhörliche Regen. Für die Betroffenen ein Albtraum.
Doch die Rettungskräfte setzen alles daran, Hilfe zu leisten. Eine Hundertschaft Feuerwehrleute aus Mayotte wird eingeflogen, sobald der Flughafen wieder betriebsbereit ist. Weitere Verstärkung aus dem französischen Festland wird in den kommenden Tagen erwartet. Gendarmerie-Einheiten sollen für Sicherheit sorgen, denn in Krisenzeiten drohen oft auch Plünderungen.
Hunderttausende ohne Wasser und Strom
Die elementarsten Dinge des Alltags – Wasser, Strom, ein Dach über dem Kopf – sind für viele plötzlich nicht mehr selbstverständlich. 171.000 Haushalte, das sind rund 20 % der Bevölkerung, haben kein fließendes Wasser mehr. Auch die Stromversorgung ist vielerorts unterbrochen.
Immerhin: Die beiden großen Wasserwerke der Insel sind intakt. Sie konnten bereits während des Zyklons Chido auf Mayotte die Wasserversorgung aufrechterhalten. „Es wird genügend Trinkwasser geben“, versichert die Präfektur. Doch wie schnell die Leitungen repariert sind, bleibt ungewiss.
Die Folgen extremer Wetterereignisse
Zyklone sind für den Indischen Ozean nichts Neues. Doch ihre Intensität nimmt zu. Mehr Regen, höhere Windgeschwindigkeiten, längere Dauer – ein Muster, das Wissenschaftler mit der Erderwärmung in Verbindung bringen.
Wärmere Ozeane liefern tropischen Wirbelstürmen mehr Energie. Gleichzeitig verdunstet mehr Wasser, was zu heftigeren Niederschlägen führt. Die Folgen sind Überschwemmungen, Erdrutsche und zerstörte Lebensgrundlagen.
Wie oft müssen wir noch solche Katastrophen erleben, bevor ernsthaft gehandelt wird?
Wiederaufbau und Hoffnung
Noch sind die Schäden nicht beziffert, doch eines ist klar: Der Wiederaufbau wird dauern. Dächer müssen repariert, Straßen geräumt, Stromleitungen instand gesetzt werden.
Doch La Réunion hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass es sich von Katastrophen erholen kann. Gemeinschaft, Solidarität und der unermüdliche Einsatz der Helfer – das sind die Säulen, auf denen der Wiederaufbau stehen wird.
Und während die Insel langsam aus den Trümmern auftaucht, bleibt die Hoffnung, dass die Welt aus solchen Ereignissen lernt. Denn eines ist sicher: Garance wird nicht der letzte Sturm dieser Art gewesen sein.
Von Andreas M. B.
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