Heute ist wieder dieser eine Tag, an dem aus stillen Parks Rauchschwaden aufsteigen, die Musik ein bisschen lauter und die Menschen ein bisschen entspannter wirken: 20. April – oder wie Kenner sagen: 420. Was für manche nur ein Datum ist, hat für viele längst Kultstatus. Der sogenannte Weltkiffertag ist ein Fest für die einen, ein Ärgernis für die anderen – und für die Gesellschaft ein Spiegel ihrer Doppelmoral.
Von Kalifornien in die Welt – und in deutsche Vorgärten
Der Mythos beginnt – wie so oft – mit ein paar Jugendlichen. In den 70ern treffen sich ein paar Schüler um 16:20 Uhr, um gemeinsam einen durchzuziehen. Sie suchen angeblich eine verlassene Hanfplantage – finden sie nie, aber der Zeitpunkt bleibt hängen. „Four-Twenty“ wird zum Codewort unter Eingeweihten. Heute? Ein globales Ritual. Jedes Jahr aufs Neue versammeln sich am 20. April weltweit Menschen, um gemeinsam zu konsumieren, zu feiern, und irgendwie auch zu protestieren.
Zwischen Protest und Party
Denn 420 ist nicht nur ein Symbol für eine Subkultur – es ist auch ein Aufschrei. Gegen veraltete Gesetze, gegen Stigmatisierung, gegen eine Politik, die sich anstellt, als ginge es um Heroin statt um eine Pflanze, die in manch anderem Land längst als Genussmittel anerkannt ist. Man könnte fast meinen, dieser Tag sei politischer als so manch Wahlkampf. Auf Transparenten steht dann nicht nur „Legalize it“, sondern auch: „Schluss mit der Heuchelei.“
Und ja, dieser Vorwurf sitzt.
Deutschland auf halbem Weg
Während andere Länder längst Nägel mit Köpfen machen, schleicht Deutschland wie ein vorsichtiger Schüler durchs Legalisierungsprojekt. Der Konsum? Irgendwie geduldet. Besitz? Mal so, mal so. Verkauf? Immer noch verboten. Es ist ein rechtliches Wackelbild, das kaum jemand noch versteht – außer vielleicht ein paar Juristen mit Spezialgebiet Cannabis.
Dabei ist das Interesse riesig: Nicht nur bei Konsumenten, sondern auch bei Medizinern, Landwirten, Start-ups, Apothekern – und Finanzämtern, die natürlich auch ihren Teil vom Kuchen wollen. Oder vom Brownie.
Ein Tag, der Fragen stellt
420 fragt: Warum dürfen Erwachsene Alkohol trinken, sich aber nicht für ein paar Gramm Gras entscheiden? Warum ist medizinisches Cannabis erlaubt, aber Menschen mit chronischen Schmerzen müssen sich durch ein Antragslabyrinth kämpfen? Warum schieben wir eine Diskussion vor uns her, die längst reif für eine Lösung wäre?
Klar, niemand will kiffende Teenies oder Grasplantagen im Kinderzimmer. Aber ist die derzeitige Verbotspolitik nicht viel gefährlicher, weil sie genau solche Extreme fördert?
Ein Tag wie ein Brennglas
Der Weltkiffertag ist keine Werbung fürs Kiffen – er ist eine Einladung zur Diskussion. Über Freiheit, Verantwortung, und darüber, wie eine moderne Gesellschaft mit Konsum umgeht. Denn am Ende geht es nicht um den Joint im Park – sondern um Selbstbestimmung, um mündige Entscheidungen und um das Recht, sein Leben in Frieden zu leben, solange man keinem anderen schadet.
Wer das nicht erkennt, verpasst die Pointe des 20. Aprils.
Von M.A.B.
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