Tag & Nacht




Ein halbes Jahrhundert voller Veränderungen.

Heute feiern wir ein besonderes Jubiläum: Vor genau 50 Jahren, am 31. Juli 1974, stimmte der Bundestag in Bonn für das Gesetz, das die Volljährigkeit in der Bundesrepublik Deutschland von 21 auf 18 Jahre herabsetzte. Dieses historische Ereignis markierte einen wichtigen Schritt in der Entwicklung der Rechte und Pflichten junger Erwachsener. Doch wie hat sich diese Entscheidung auf die Gesellschaft ausgewirkt und wie stand die Bundesrepublik im Vergleich zu Frankreich und der damaligen DDR da?

Die historische Entscheidung

Bis 1974 galt man in Deutschland erst mit 21 Jahren als volljährig. Jugendliche unterlagen bis dahin der elterlichen Fürsorge und Aufsicht. Mit der Herabsetzung auf 18 Jahre sollten junge Menschen schneller Verantwortung übernehmen können – sowohl rechtlich als auch gesellschaftlich. Die Reform wurde in einer Zeit des gesellschaftlichen Wandels und der Liberalisierung beschlossen, in der der Wunsch nach mehr Eigenverantwortung und Partizipation der Jugend immer lauter wurde. Es war eine Ära des Aufbruchs, in der neue Ideen und Veränderungen die Gesellschaft prägten.

Ein Blick nach Frankreich

In Frankreich wurde die Volljährigkeit ebenfalls 1974 auf 18 Jahre gesenkt, jedoch kurz vor der Entscheidung in Deutschland. Die französische Gesellschaft, ähnlich wie die deutsche, befand sich in einem Umbruch. Die Jugendkultur der 1960er Jahre und die politischen Bewegungen beeinflussten auch hier die Diskussionen. Die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters war ein Ausdruck des Vertrauens in die junge Generation und ihrer Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. Frankreich und Deutschland gingen diesen Schritt fast zeitgleich, was zeigt, dass es eine breitere europäische Bewegung gab, die auf mehr Jugendbeteiligung und -verantwortung abzielte.

Die Situation in der DDR

In der ehemaligen DDR wurde das Volljährigkeitsalter bereits 1950 auf 18 Jahre gesenkt, ein Schritt, der im Kontext des sozialistischen Staates anders zu bewerten ist. Die DDR-Führung sah in der frühzeitigen Übertragung von Rechten und Pflichten auf junge Menschen eine Möglichkeit, sie frühzeitig in den sozialistischen Aufbau zu integrieren. Jugendorganisationen wie die FDJ spielten eine zentrale Rolle in der politischen und gesellschaftlichen Erziehung. Die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters war daher weniger ein Akt des Vertrauens in die Jugend als vielmehr ein Mittel zur Einbindung in die Ideologie und Strukturen des Staates.

Gesellschaftliche und rechtliche Auswirkungen in West-Deutschland

In den letzten 50 Jahren hat die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters zahlreiche gesellschaftliche und rechtliche Veränderungen mit sich gebracht. Junge Menschen konnten nun früher Verträge abschließen, wählen und eigene Entscheidungen treffen. Dies führte zu einer stärkeren Integration der Jugend in die gesellschaftlichen Prozesse und zu mehr Selbstbestimmung. Allerdings brachte dies auch Herausforderungen mit sich: Die Anforderungen an die jungen Erwachsenen stiegen, und die Erwartung, früher eigenverantwortlich zu handeln, setzte viele unter Druck.

Ein Vergleich: Vorteile und Herausforderungen

Im Vergleich zu Frankreich und der DDR zeigt sich, dass die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters in jedem Land unterschiedliche Ziele und Auswirkungen hatte. Während in Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland die individuelle Freiheit und Verantwortung im Vordergrund standen, war es in der DDR eher eine strategische Maßnahme zur frühzeitigen politischen Einbindung.

Ein Vorteil der Herabsetzung in West-Deutschland und Frankreich war die Förderung der Eigenständigkeit und der demokratischen Teilhabe junger Menschen. Die Herausforderung bestand und besteht darin, dass diese jungen Erwachsenen oft noch in Ausbildung oder Studium stecken und gleichzeitig mit den Anforderungen des Erwachsenseins konfrontiert werden. Diese Balance zu finden, bleibt eine kontinuierliche gesellschaftliche Aufgabe.

Zukunftsperspektiven

Was bringt die Zukunft? In den letzten fünf Jahrzehnten hat sich die Lebenswelt junger Menschen stark verändert. Digitale Medien, globale Vernetzung und der rasante Wandel des Arbeitsmarktes stellen neue Anforderungen an junge Erwachsene. Die Frage, wie viel Verantwortung und Eigenständigkeit jungen Menschen zugetraut werden sollte, bleibt aktuell. Können wir sicher sein, dass 18-Jährige heute besser auf die Herausforderungen des Erwachsenseins vorbereitet sind als vor 50 Jahren?

Schlussgedanken

Fünf Jahrzehnte nach der historischen Entscheidung ist es an der Zeit, die Entwicklungen und Auswirkungen der Herabsetzung des Volljährigkeitsalters zu reflektieren. Es zeigt sich, dass die Entscheidung ein wichtiger Schritt war, der den Weg für mehr Eigenverantwortung und Teilhabe ebnete. Der Vergleich mit Frankreich und der DDR verdeutlicht, dass dieser Schritt in unterschiedlichen Kontexten unterschiedliche Ziele verfolgte und Auswirkungen hatte.

Doch eines bleibt klar: Die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen und aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben, bleibt ein zentrales Anliegen. Wir müssen daher weiterhin danach streben, junge Menschen bestmöglich auf diese Herausforderungen vorzubereiten und ihnen das nötige Vertrauen entgegenzubringen – heute wie damals.

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