Tag & Nacht




Manche Tage wirken im Kalender ganz harmlos. Der 6. Mai? Klingt nach Frühling, vielleicht nach einem Spaziergang im Park. Aber wer einen Blick in die Geschichte wirft, merkt schnell: Dieser Tag steckt voller Dramatik, Aufbruchsstimmung und Wendepunkte. Weltweit, aber besonders auch in Frankreich, hat der 6. Mai einiges bewegt – und manchmal sogar erschüttert.

Der Himmel brennt: Die Katastrophe von Lakehurst

Der 6. Mai 1937 war ein ganz normaler Donnerstag. Doch als das gigantische Luftschiff Hindenburg zur Landung im amerikanischen Lakehurst ansetzte, wurde dieser Tag zum Symbol für das Scheitern einer ganzen Ära. Innerhalb weniger Sekunden ging das Zeppelin-Monster in Flammen auf. Der Himmel glühte, Menschen schrien, Kameras liefen.

36 Menschen kamen ums Leben. Für viele war der Schock tiefer als bloß ein technisches Versagen. Das Vertrauen in Luftschiffe – bis dahin ein Symbol für Zukunft und Fortschritt – war dahin. Und mit der Hindenburg ging auch der Traum vom geräuschlosen Gleiten über den Atlantik unter.

Frankreichs Mai – nicht nur ein Wonnemonat

Fragt man in Frankreich nach den großen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts, dann fällt ziemlich schnell ein Stichwort: Mai ’68. Der 6. Mai war dabei ein Katalysator. Nach der gewaltsamen Räumung der Sorbonne durch die Polizei war Paris nicht mehr dieselbe Stadt. Die Studierenden antworteten mit Protest, Barrikaden und Aufstand. Bald schlossen sich Arbeiter und Intellektuelle an – Frankreich stand Kopf.

Dieser Tag war nicht nur ein Moment der Rebellion, sondern auch ein Ruf nach mehr Mitsprache, mehr Freiheit, mehr Gerechtigkeit. Die Folgen? Ein ganzes Land geriet ins Wanken. Präsident de Gaulle verschwand für Stunden, die Regierung war ratlos. Selbst wer heute durch das Quartier Latin schlendert, spürt vielleicht noch ein wenig von dieser aufgeladenen Atmosphäre. Der 6. Mai war der Anfang vom französischen Frühling, der kein Kalenderdatum kannte.

Ein Tunnel – mehr als nur ein Loch im Boden

Weniger laut, aber historisch nicht minder bedeutsam: Am 6. Mai 1994 wurde der Eurotunnel feierlich eröffnet. Was jahrhundertelang nur mit Schiffen oder Fantasie möglich war – die Verbindung zwischen dem europäischen Festland und Großbritannien – wurde Realität. 50 Kilometer Ingenieurskunst, davon 37 unter Wasser.

Zug statt Fähre. Zwei Länder rückten näher zusammen – zumindest geografisch. Politisch? Nun ja, spätestens mit dem Brexit wurde klar, dass selbst der längste Tunnel keine Meinungsverschiedenheiten zubetonieren kann. Aber in Sachen Wirtschaft, Logistik und Tourismus hat der Tunnel ein neues Kapitel geschrieben. Und ganz ehrlich: Wer schon mal mit dem Zug unter dem Ärmelkanal durchgefahren ist, weiß, wie surreal sich das anfühlt.

Rom im Blutrausch: Der Sacco di Roma

Springen wir fast 500 Jahre zurück. Am 6. Mai 1527 stürmten kaiserliche Truppen Rom. Es war kein glorreicher Feldzug, sondern eine blutige Plünderung. Der Papst floh in die Engelsburg, die Schweizergarde verteidigte ihn fast bis zum letzten Mann – 147 von 189 starben an diesem Tag.

Rom, die ewige Stadt, lag am Boden. Kirchen, Paläste, Bibliotheken – geplündert, zerstört, entweiht. Der „Sacco di Roma“ markierte das Ende der römischen Hochrenaissance. Statt künstlerischer Blüte herrschte das Gesetz der Gewalt. Noch heute gedenkt die Schweizergarde jedes Jahr am 6. Mai der gefallenen Kameraden – und schwört an diesem Tag neue Rekruten ein.

Geburtstage, die Spuren hinterließen

Der 6. Mai brachte nicht nur Katastrophen und Umbrüche – auch einige bemerkenswerte Menschen kamen an diesem Datum zur Welt.

1856 wurde Sigmund Freud geboren. Der Vater der Psychoanalyse krempelte das Denken über den Menschen um – und auch wenn seine Theorien nicht mehr alle als gültig gelten, bleibt sein Einfluss unbestritten. Er hat Seelenlandschaften kartographiert, wo vorher nur Dunkel war.

Tony Blair, geboren 1953, brachte die „New Labour“-Bewegung ins britische Unterhaus. Charmant, umstritten, ein Redner mit Zugkraft. Und mit ihm ein neuer politischer Stil, der Modernisierung und neoliberale Pragmatik verband.

Und George Clooney? Kam am 6. Mai 1961 zur Welt. Hollywood-Ikone, Regisseur, Menschenrechtler – jemand, der zeigt, dass man auch als Filmstar Haltung zeigen kann.

Was bleibt?

Ein Datum wie der 6. Mai ist kein Denkmal. Er erzählt Geschichten. Von Heldenmut und Hybris, von Aufbruch und Untergang. Er zeigt, wie nah Vision und Zerstörung beieinanderliegen können. Was sagt uns das?

Vielleicht, dass Geschichte immer am Leben ist – manchmal in den Schlagzeilen, manchmal im Schatten. Aber sie ist da. Und sie formt unser Heute.

Der 6. Mai: ein Tag, der lehrt, erinnert – und manchmal überrascht.

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