Was kann Frankreich tun, um der hohen Waldbrandgefahr dieses Sommers zu begegnen?
Frankreich blickt einem Sommer voller Ungewissheiten entgegen. Über 7.000 Hektar Vegetation sind seit Jahresbeginn bereits verbrannt, und die eigentliche Hochsaison hat erst begonnen. Fast 6.000 Brandherde seit Juni zeugen von der Brisanz der Lage. Hitzewellen, Trockenheit, Böen aus Afrika – die bekannten Faktoren fügen sich zu einer Gemengelage, die spätestens seit den verheerenden Feuern von 2022 mit ihren 72.000 zerstörten Hektar und monatelangen Evakuierungen als nationale Sicherheitsfrage erkannt wurde.
Präsident Emmanuel Macron und Innenminister Bruno Retailleau setzen auf Technik: mehr Canadairs, mehr Helikopter, mehr Feuerwehrkolonnen, mehr Drohnen, mehr Satellitenfrüherkennung. Dieses Arsenal mag beeindrucken. Tatsächlich wurde die Flotte der Sécurité Civile auf 47 Luftfahrzeuge erweitert, unterstützt von 4.000 Feuerwehrleuten und modernisierter Überwachungstechnologie.
Doch diese Strategie bleibt unvollständig. Denn trotz aller technischen Fortschritte brennen Frankreichs Wälder aus einem simplen Grund: zu viele Menschen verhalten sich unachtsam oder fahrlässig, und die Raumplanung der letzten Jahrzehnte hat Siedlungen oft ohne feuerökologische Rücksicht in Risikogebiete hineinwachsen lassen.
Bürgerpflicht statt alleiniger Staatsschutz
Das neue nationale Konzept für Waldbrandschutz setzt zwar auch auf Prävention und Resilienz, doch dessen Effektivität hängt weniger von staatlichen Erlassen als von bürgerlicher Selbstverpflichtung ab. Frankreichs Regierung wirbt nun mit einfachen Botschaften: kein Rauchen im Wald, keine Lagerfeuer oder Grillstellen in Risikozonen, regelmässiges Freischneiden von Grundstücksrändern. In der Realität werden solche Appelle jedoch oft ignoriert – oder scheitern an fehlender Kontrolle.
Hinzu kommt, dass die Canadair-Flotte altert. Ersatz ist bestellt, aber die neuen Maschinen treffen frühestens 2028 ein. Ein strategisches Risiko bleibt damit bestehen, das Frankreich nur durch europäische Kooperation abfedern kann. Programme wie rescEU, die gemeinsame europäische Löschflugzeugstaffeln bereitstellen sollen, existieren bislang eher auf dem Papier. In einem Sommer allerhöchster Brandgefahr, der auch Spanien, Italien, Griechenland und den Balkan betreffen dürfte, könnten Engpässe tödliche Folgen haben.
Resilienz als langfristiger Schlüssel
Was also tun? Kurzfristig wird Frankreich nicht umhin kommen, seinen bestehenden Apparat maximal zu mobilisieren, Waldbrandschutzdienste zu stärken und das Ehrenamt der Comités Communaux Feux de Forêts (CCFF) mit mehr Ressourcen auszustatten. Diese Freiwilligen leisten bereits jetzt wertvollste Arbeit durch Überwachung, Schulung und Alarmierung – doch ihr Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft.
Langfristig aber braucht es einen radikalen Perspektivwechsel: Wälder und Siedlungen müssen so gestaltet werden, dass Brände weniger Nahrung finden. Brandschneisen, feuerresistente Bepflanzungen, Bebauungsverbote in Hochrisikozonen und eine konsequente Rückführung brennbarer Vegetation im Nahbereich von Häusern sind keine romantischen Ökofantasien, sondern Elemente eines modernen Katastrophenschutzes. Australien hat nach den verheerenden Buschbränden 2019/20 genau das erkannt.
Die technische Aufrüstung ist notwendig, doch sie wird Frankreich allein nicht retten. In einer Zeit, in der der Klimawandel Wetterextreme zur Regel macht, bleibt die wirksamste Massnahme banal: Jeder Funke, der nicht entsteht, muss nicht gelöscht werden.
Von Andreas Brucker
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