Ein Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump soll „in den kommenden Tagen“ stattfinden. Die russische Seite bestätigte am Donnerstag, dass bereits konkrete Vorbereitungen für ein bilaterales Gipfeltreffen laufen. Die Initiative dazu ging offenbar von Washington aus. Ein gemeinsames Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat der Kreml hingegen abgelehnt.
Das bevorstehende Treffen markiert einen Wendepunkt in der seit Jahren weitgehend eingefrorenen US-russischen Kommunikation auf höchster Ebene. Seit der Invasion der Ukraine im Februar 2022 hatte Washington unter Präsident Joe Biden jeglichen direkten Kontakt mit Moskau eingestellt. Trumps Rückkehr ins Weiße Haus im Januar 2025 hat diese Lage nun grundlegend verändert.
Rückkehr zur Realpolitik?
Nach seiner Wiederwahl im vergangenen Herbst hatte Trump mehrfach angekündigt, er wolle den Krieg in der Ukraine „innerhalb von 24 Stunden“ beenden – eine Aussage, die sowohl in Europa als auch in Teilen der amerikanischen Sicherheitsgemeinschaft auf Skepsis stieß. Nun scheint derUS-Präsident seine Ankündigungen in konkrete diplomatische Schritte umsetzen zu wollen.
Trumps Sondergesandter Steve Witkoff hatte Moskau am Mittwoch besucht – laut russischer Seite ein „produktiver“ Austausch. In der Folge erklärte Trump öffentlich, es gebe eine „gute Chance“, dass es „sehr bald“ zu einem Treffen mit Putin komme. Ort und Zeit wurden bislang nicht bekannt gegeben. Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete am Donnerstag, dass die Vorbereitung auf diplomatischer Ebene bereits „in fortgeschrittenem Stadium“ sei.
Kalkuliertes Machtspiel Moskaus
Russlands außenpolitischer Berater Juri Uschakow sprach am Donnerstag von einem „grundsätzlichen Einverständnis“ zur Durchführung des Gipfels. Zugleich ließ er durchblicken, dass Russland jedoch ein trilaterales Format mit Selenskyj ablehne. Die Botschaft ist deutlich: Moskau sieht im neuen Washingtoner Kurs eine Chance, westliche Fronten aufzubrechen – und versucht, Trump für eine Lösung nach eigenen Bedingungen zu gewinnen.
Putins Kalkül ist dabei klar: Sollte es ihm gelingen, Trump zu direkten Verhandlungen über einen Waffenstillstand oder gar eine territoriale Lösung zu bewegen – ohne ukrainische Beteiligung – könnte das den geopolitischen Spieß umdrehen. Eine solche Entwicklung würde nicht nur Kiew schwächen, sondern auch die europäische Geschlossenheit auf eine harte Probe stellen.
Reaktionen in Europa: Sorge vor „Deal über die Köpfe hinweg“
In Brüssel und Berlin werden die Nachrichten mit Sorge verfolgt. Schon in der Vergangenheit hatte Trump wenig Interesse an multilateralen Formaten gezeigt und stattdessen bilaterale „Deals“ bevorzugt – häufig mit Fokus auf kurzfristige Entspannung statt langfristiger Stabilität. Frankreich und Deutschland äußerten sich bislang zurückhaltend, man wies jedoch darauf hin, dass „jede Lösung für die Ukraine nur mit der Ukraine“ gefunden werden könne.
Die NATO-Führung wiederum betonte die „Unverrückbarkeit der transatlantischen Solidarität“, ließ aber durchblicken, dass man sich auf mögliche strategische Neuausrichtungen vorbereite. Diplomaten in Brüssel sprechen offen von einer „Unsicherheitslage“.
Eine neue Phase des Krieges?
Der militärische Frontverlauf in der Ukraine ist seit Monaten weitgehend stabil, die Kriegsparteien wirken erschöpft. Russland hält weiterhin rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt, während Kiew mit westlicher Hilfe in der Defensive verharrt. In dieser festgefahrenen Lage könnte eine diplomatische Initiative neue Bewegung bringen – jedoch mit unklaren Folgen.
Beobachter verweisen auf das Treffen zwischen Biden und Putin in Genf 2021, das zwar höflich, aber ergebnislos verlief. Nun, vier Jahre später, stehen beide Länder an ganz anderen Punkten. Trump hat wiederholt klargemacht, dass er die US-Hilfe für die Ukraine drastisch reduzieren könnte – und gleichzeitig droht er Ländern, die mit ihren Energie-Käufen die russische Kriegsmaschinerie stützen, empfindliche Strafzölle an…
Unklar bleibt, welche konkreten Zugeständnisse beide Seiten bereit sind zu machen – und welchen Preis Putin für ein diplomatisches Einlenken fordert. Die russische Seite sprach zuletzt wiederholt von der „Notwendigkeit, neue geopolitische Realitäten anzuerkennen“ – eine Formulierung, die auf eine De-facto-Anerkennung russischer Gebietseroberungen hinauslaufen könnte.
Die kommenden Tage dürften also nicht nur für die Ukraine, sondern auch für das transatlantische Bündnis richtungsweisend werden. Ein möglicher Trump-Putin-Deal könnte den Krieg beenden – oder den Westen vor eine Zerreißprobe stellen.
Autor: P. Tiko
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